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Feature, Advertorial

Berlinale 2024 - Der Indiekino Blog

Die74. Internationalen Filmfestspiele Berlin sind gestartet, und wie jedes Jahr ist auch das INDIEKINO-Team anwesend. Unsere Eindrücke und Gedanken findet ihr hier, tagesaktuell und unsortiert.

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STERBEN

(Wettbewerb)
Eigentlich ist es unfassbar tragisch, aber auch amüsant. Die Szene ist zu skurril, zu schräg, zu echt. Aus dem Leben gegriffen, der ganz normale Familienwahnsinn: Da sitzt Tom (Lars Eidinger) nach der Beerdigung mit seiner Mutter (Corinna Harfouch) am Kaffeetisch, isst Streuselkuchen und führt Smalltalk. Plötzlich will er wissen, was ihm schon lange auf der Seele brennt. Er fragt Lissy, warum sie schon in seiner Kindheit so kühl und abweisend ihm gegenüber war. Daraus entwickelt sich ein schmerzhaft konfrontatives Gespräch zwischen Mutter und Sohn, das in seiner Deutlichkeit und Intensität kaum zu ertragen ist. Am Ende ist beiden klar, dass sie sich schon immer gehasst haben – Bestürzung macht sich breit. Aber auch ein Gefühl enormer Erleichterung. Endlich ist es raus, endlich ist alles gesagt.

Matthias Glasner hat in STERBEN die persönliche Beziehung zu seiner Mutter verarbeitet. Der Film will keine Therapie sein, auch keine Abrechnung, sondern eine ehrliche Auseinandersetzung mit ihrer Person und mit der Realität. Eidinger spielt Glasners Alter Ego Tom, einen emotional zurückgezogenen Mann, der ganz in seiner Arbeit aufgeht. Er ist Dirigent und probt für die Uraufführung der neuesten Komposition seines besten Freundes (Robert Gwisdeck), das einer Art Todespartitur entspricht.

Dazu kommt, dass Tom quasi Vater geworden ist: Seine schwangere Ex-Freundin hat ihn gebeten, ihr ihr bei der Geburt und Erziehung des Kindes beizustehen, weil sie vom eigentlichen Erzeuger nicht sonderlich viel hält. Von seiner Schwester (Lilith Stangenberg), die selbst musikalisch begabt, aber alkoholabhängig ist, sieht er nicht viel. Sie stolpert von einer Minikatastrophe in die nächste und verliert sich zunehmend im Rausch, als ihre Affäre mit einem Zahnarzt aus der Praxis, in der sie arbeitet, in die falsche Richtung läuft.

Die Krise ist in STERBEN nicht vorprogrammiert, sie ist stets präsent. In einzelnen Kapiteln, die sich jeweils auf ein Familienmitglied konzentrieren, inszeniert Glasner die Geschichte eines Verfalls, mit oszillierender Radikalität. Es ist eine düstere Geschichte, die er kühn und ausschweifend, aber stets auf Augenhöhe erzählt. Am Ende bleibt man unsicher, bestürzt und auch ein bisschen fassungslos zurück.
(Pamela Jahn)

THE OUTRUN

(Panorama)
«Es wird nicht leichter, nur weniger schwer.» Der Satz steht für vieles: Schmerzen, Trauer, Schuld, Verlust. In Nora Fingscheidts THE OUTRUN fällt er erst relativ spät. Da hat Rona (Saoirse Ronan) ihren unermüdlichen Kampf gegen den Alkohol schon mehrmals verloren. Trotzdem versucht sie es immer wieder. Sie sehnt sich nach Heilung, nach einem Neuanfang.

Die junge Frau scheint der Abhängigkeit und ihren inneren Dämonen völlig ausgeliefert. Sämtliche Therapieversuche und die Nächstenliebe ihrer getrenntlebenden Eltern schlagen fehlt. Als letzte Instanz beschließt Rona sich in einem winzigen Haus auf einer der einsamen Orkney-Inseln im Norden Schottlands einzuigeln. Sie weiß, worauf sie sich einlässt. Sie ist dort aufgewachsen, bevor sie nach London ging und in der Großstadt versackte, in einem Teufelskreis aus Verzweiflung und Erneuerung, zerbrochenen Beziehungen, zerstörerischen Blackouts in der Nacht und bösen Katern am Morgen danach.

Rückblenden häufen sich wie die Flaschen auf Ronas Boden. Ihr Abstieg hat etwas Vertrautes, denn sie verwechselt die sich wiederholende Schleife von Saufgelagen mit Freiheit und mit Leben. Nüchternheit erscheint ihr als das schlimmste Verbrechen von allen. Einmal gesteht sie ein, dass sie nicht mehr weiß, ob sie jemals ohne Alkohol im Blut glücklich sein kann. Die Sachlichkeit in ihrer Stimme verrät, dass sie es ernst meint und ihr bewusst ist, was auf dem Spiel steht.

Die deutsche Regisseurin Nora Fingscheidt und die schottische Schriftstellerin Amy Liptrot, auf deren Memoiren-Bestseller der Film basiert, nähern sich der fragilen Protagonistin mit großer Behutsamkeit und einer Zärtlichkeit, die der harsche, rauen Natur der unberührten Insellandschaft gegenübersteht. Und es ist diese Reibung, das ewige Hin und Her, die Gewissheit, sich des Schadens der Droge voll bewusst zu sein, aber nie der Sehnsucht nach dem Rausch zu entkommen, die den Film so eindrücklich, so bewegend machen.

THE OUTRUN ist eine schmerzhafte Meditation darüber, wie man sich aus der eigenen Verzweiflung retten und sich selbst wiederfinden kann, wenn alle Hoffnung verloren scheint. Das mag kitschig und nach Klischee klingen, aber Fingscheidt findet für Ronas inneren Kampf eindrucksvolle Bilder, während Ronan ihre Figur derart in sich verwurzelt, dass sie selbst dem stärksten Inselsturm standhält und ihr auf der Leinwand eine bemerkenswerte Persönlichkeit verleiht.

(Pamela Jahn)

ELLBOGEN

(Generation 14+)
Hazal wird 18 Jahre alt und will es sich einmal richtig gut gehen lassen, in High Heels, Glitzerkleid und Hoodie - rein ins Berliner Nachtleben und raus aus der deutsch-türkischen Großfamilie. Sie will mit ihren Mädels entspannen, den strengen Fragen entkommen - nach Geld, ihrem Hauptschulabschluss und der Ausbildung, die noch nicht gefunden ist. Leichter gesagt als getan: In der Geburtstagsnacht werden Hazal und ihre Mädels an der Clubtür abgewiesen, weil sie nicht wie Stammpublikum aussehen. Der Frust steigt und ein Ereignis folgt auf das nächste, bis Hazal es einfach nicht mehr aushält. Blinde Wut macht sich breit und mit ihr die Frage danach, was ein junger Mensch mit Potenzialen braucht, um gesellschaftlichen Hürden zu überwinden. Eine junge Frau, die sich gegen blöde Anmachen zur Wehr setzt. Eine junge Frau, die bei leeren Versprechen aus dem Bewerbungsgespräch stürmt. Eine junge Frau, die sich Raum verschafft, wo sie kann - denn davon gibt es nicht viel für sie. Mit Ellbogen findet das fulminante Roman-Debüt von Fatma Aydemir seinen Weg auf die große Leinwand. In der Sektion Generation 14+ feierte der Film Premiere und im Publikumsgespräch der letzten Vorstellung wird klar: Bei den jungen Menschen, die hier mutig ihre Fragen stellen, ist ein Nerv getroffen. Zwischen Alltagsrassismus, Gewalt und fehlender Chancengleichheit bleiben aber auch viele Fragen offen. Regisseurin Özarslan Aslı gibt ihr Spielfilmdebüt und setzt Melia Kara als Laiendarstellerin geradezu roh in Szene - ein Opfer will und soll die Figur Hazal nicht sein. Wie viel Sympathie und Verständnis man ihr entgegen bringen kann, bleibt wahrscheinlich die schwerste Frage nach der Vorstellung - und verdient viel Raum.

(Anna Hantelmann)

IN LIEBE, EURE HILDE

(Wettbewerb)
Hilde Coppi war eine stille Heldin. So still, dass ihr Name nicht jedem gleich etwas sagt. Nicht wie Sophie Scholl oder Rosa Luxemburg. Coppi war Mitglied der «Roten Kapelle», einer losen Gruppe von Widerstandskämpfern, die sich mit Flugblättern und Funkkontakten ins Ausland gegen die Übergriffe der Nazis wehrten. Als die junge, schmale Frau im September 1942 beim Erdbeeren pflücken im Garten ihrer Mutter von der Gestapo festgenommen wird, ist sie hochschwanger. Kaum ein Jahr später ist sie tot.

Andreas Dresen hat sich ihrem Schicksal angenommen. Sein Film zeichnet die Ereignisse von Coppis Verhaftung über die Geburt ihres Sohnes im Berliner Frauengefängnis Barnimstraße bis hin zu ihrer Ermordung nach. Aber das Drehbuch von Laila Stieler entwickelt sich an zwei Fronten: Es rekonstruiert den Haftalltag, die Verhöre und den Prozess bis zur Todesstrafe ebenso wie Hildes Leben davor. Ausgiebige Rückblenden geben Aufschluss über die Beziehung zu ihrem Mann Hans (Johannes Hegemann) und erklären, wie Coppi überhaupt zum Aktivismus kam.

IN LIEBE, EURE HILDE orientiert sich in der Hinsicht an den Strukturen eines klassischen Biopics. Weder dem Genre noch der Thematik, die er behandelt, fügt der Film viel Neues hinzu. Doch Dresens enormer Respekt vor seiner Protagonistin überträgt sich unmittelbar auf die Leinwand. Sein Film ist so elegant und mit einem ehrlichen Interesse der Person Hilde Coppi inszeniert, dass man die Geschichte mit ansteckender Neugier verfolgt.

Das liegt nicht zuletzt auch an Liv Lisa Fries, die ihre Figur mit viel Würde und einem angemessenen Höchstmaß an Zurückhaltung spielt. Ihre Hilde ist keine berechnende Agitatorin, keine kalte Strategin, auch keine selbstlose Kämpferin für eine gerechtere Gesellschaft. Aber sie war auch nicht töricht, war sich ihres Handelns und ihrer Entscheidungen stets bewusst. Was ihr zum Verhängnis wurde, war ihre Leidenschaft, der Wunsch, die Welt zu verändern, sie besser machen zu wollen, um jeden Preis.

Ähnlich wie Fries bleibt auch Dresen sich selbst und seiner Sache treu. Sein Film bewegt, ohne aufdringlich zu sein. Er ist dringend und aktuell. Widerstand ist keine Frage des Heroismus, sondern der Haltung. Darin liegt der Schlüssel zur Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Hilde Coppi hat Mut und Rückgrat bewiesen. Sie hat gekämpft, leise zwar, auf ihre Weise - aber unerbittlich und aus Überzeugung, bis zum Schluss.
(Pamela Jahn)

Schwieriger Abschied: REINAS

1992 in Lima, Peru: Ein bewaffneter Konflikt beherrscht das südamerikanische Land, die politische und wirtschaftliche Lage ist instabil, immer wieder kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Elena (Jimena Lindo) beschließt, mit ihren Töchtern, Teenagerin Aurora (Luana Vega) und der ein paar Jahre jüngeren Lucia (Abril Gjurinovic), in die USA auszureisen. Doch dazu braucht sie die Unterschrift des Vaters der Mädchen, der plötzlich wieder in das Leben der drei tritt. Zunächst begegnen die Schwestern ihrem Vater, den sie kaum kennen, skeptisch, doch je mehr Zeit Aurora und Lucia mit Carlos (Gonzalo Molina) verbringen, der zwar nicht immer ehrlich, aber für jeden Spaß zu haben ist, desto weniger möchten die beiden ihre gewohnte Umgebung, Freund*innen und Familie zurücklassen.

REINAS von Klaudia Reynicke war bereits beim Sundance Film Festival 2024 zu sehen und feierte auf der Berlinale 2024 seine Europapremiere. In Berlin gewann Reynicke den Großen Preis der Internationalen Jury für den Besten Spielfilm in der Sektion Generation Kplus. Die Filmemacherin hat selbst Erfahrungen mit Abschieden und Neuanfängen: Sie wuchs in Peru, der Schweiz und den USA auf und studierte unter anderem an der Tisch School of the Arts in New York. Im Gegensatz zu vielen anderen Filmen zum Thema Migration widmet sich Reynicke in REINAS der schwierigen Zeit vor dem Abschied aus dem Herkunftsland – und all dem, was die beiden jungen Protagonistinnen durch das Auswandern zu verlieren drohen.

Dabei bleibt die Regisseurin und Co-Drehbuchautorin immer nah an der Perspektive ihrer beiden jungen Heldinnen, erzählt feinfühlig und mit leisem Humor von einer Familie, die sich an einem Wendepunkt ihres Lebens neu (er)findet. Ihre Figuren, vor allem die Schwestern Aurora und Lucia und ihre Eltern, sind komplex angelegt, haben positive wie negative Seiten, und bleiben in ihren Handlungen dennoch oder gerade deswegen nachvollziehbar. Darüber hinaus vermittelt Reynicke in ihrer Coming-of-Age-Geschichte einen kleinen Eindruck der Situation in Peru Anfang der 1990er, als die Filmemacherin selbst dort lebte, und macht auch Polizeigewalt und sexuelle Belästigung sichtbar, ohne jedoch ihr junges Zielpublikum aus dem Blick zu verlieren.

(Stefanie Borowsky)

Drei Forumsfilme

Neben den „großen“ Wettbewerbsfilmen bietet die Berlinale jedes Jahr auch die Möglichkeit, in den anderen Sektionen kleinere interessante Produktionen zu entdecken. Hier sind drei aus dem Forum:

Wobei PA-MYO (EXHUMA) als „klein“ zu bezeichnen, eigentlich eine Frechheit ist, da eine der Hauptrollen mit dem südkoreanischen Superstar Choi Min-Sik (OLDBOY, I SAW THE DEVIL) besetzt ist. Er spielt einen Feng-Shui-Experten für Bestattungen, der mit seinem Team angeheuert wird, um das Ahnengrab einer reichen Familie zu exhumieren und den Großvater endlich Ruhe finden zu lassen, da sein frisch geborener Urenkel von seltsamen Phänomenen heimgesucht wird. Der gut bezahlte Job stellt sich schnell als noch mysteriöser als gedacht heraus: Das Grab ist auf einem abgelegenen Hügel und der ausgegrabene Sarg so prunkvoll, dass er eigentlich einem Adligen gehören sollte. Und von hier an werden die Omen und schließlich die Heimsuchungen nur noch extremer.
Wer sich vorher nicht mit koreanischer Geschichte und Begräbniskultur beschäftigt hat, wird es hinterher tun wollen. Die Exhumierung wird von theatralischen Ritualen eines Schamanenpaares begleitet, die wie für den Film erfunden wirken, laut dem Regisseur Jang Jae-hyun (THE PRIESTS) aber 100% echt sind, und das Geheimnis das sich hinter allem versteckt, führt auf eine Ebene, die weit größer als ein Familienfluch ist. Wer sich den 134 Minuten von EXHUMA (der laut Regisseur kein Horrorfilm ist) stellen will, hat am 24. um 15 Uhr im Delphi und am 25. um 19 Uhr im Arsenal 1 nochmal die Gelegenheit.

In jeder Hinsicht am anderen Ende des Spektrums ist der Dokumentarfilm REPUBLIC von Jin Jiang. Besagte „Republik“ ist ein kleiner Raum in einer chinesischen Großstadt, der niemals abgeschlossen ist und für jede*n, der*die vorbeikommen will, um sich ein wenig auszuruhen, Musik der 1960er zu hören oder selbst zu machen oder unter dem Einfluss von Drogen über eine bessere Welt zu philosophieren, offen ist. „Hausherr“ Li Eryang ist aus dem chinesischen Leistungssystem ausgestiegen und schafft es trotzdem irgendwie durch Spenden oder Onlinekredite über die Runden zu kommen. Und er ist immer bereit, alles, was er hat, mit allen zu teilen. Aber kann man diesen Hippie-Traum ewig träumen? Der Film verlässt nie das kleine Kabuff, in dem sich die Träumer*innen versammeln und auch wenn viele der „revolutionären“ Gedanken, die darin geäußert werden, weniger spektakulär klingen, wenn man selbst nüchtern ist, und sich etwas mit den 1960ern in den USA auskennt, ist es faszinierend zu sehen, wie lange dieses Experiment schon gut gegangen ist. Am 25. um 11 Uhr läuft der Film im Arsenal 1.

In HUMAN HIBERNATION wird es poetisch. Der Film spinnt die Idee „Wie wäre es, wenn Menschen Winterschlaf halten würden?“ durch. Im Laufe eines Jahres werden einzelne Personen und Gruppen begleitet, wie sie im Frühling aus ihren Löchern kriechen, sich wieder in Häusern, in denen sich in der Zwischenzeit Tiere breitgemacht haben, einfinden und miteinander sinnieren, was die Welt wohl macht, während die Menschen schlafen. Oh, und immer auf der Hut vor den Kühen sind, denn die sind groß und gefährlich. Und irgendwann geht auch dieses Jahr vorbei. HUMAN HIBERNATION hat sicher keine tiefere Botschaft als „Guck mal, wie toll die Natur ist, und die Menschen auch“, aber eigentlich ist das ja alles, was man für einen schönen Traum braucht. Zu träumen (mit offenen Augen) am 25. um 18 Uhr im Delphi Filmpalast.
(Christian Klose)

Berlinale Dispatch #3

Another Berlinale comes to a close this weekend, with a heaping handful of awards being portioned out over Friday, Saturday, and Sunday. Despite my affection for JANET PLANET, I think I’m rooting for Thomas Arslan's VERBRANNTE ERDE (SCORCHED EARTH) to win Sunday’s Panorama Audience Award. I didn’t attend enough Competition screenings to put any bets on the main awards (and Min Bahadur Bham’s SHAMBHALA is getting its first screening on Friday), but I wouldn’t be too surprised if Anja Plaschg picks up a Silver Bear for Best Performance, due to her epic work in DES TEUFELS BAD (THE DEVIL’S BATH).

The movie comes from Veronika Franz and Severin Fiala, the aunt and nephew filmmaking duo behind the original GOODNIGHT MOMMY and 2019’s THE LODGE (which is a movie that I felt got much more relevant in the thick of the pandemic). THE DEVIL’S BATH is practically designed to be divisive, but for me it was an extremely satisfying film. Many of my favorite movies from this year’s fest have stumbled a little bit towards the end, including STERBEN and LA COCINA. But THE DEVIL’S BATH is rigorously constructed from the ground up to lead you to one breath-taking, singularly disturbing moment at the end. Boy howdy, does it deliver the goods. Say what you will about how bleak the film might be, at the same time, every frame really is composed like a painting and Anja Plaschg’s performance reaches ecstatic heights by the penultimate scene of the film, when everything is lost and everything is gained at exactly the same time. In other words, it’s a tough watch, but it has its rewards.

A movie that may not win any awards but is certainly worthy of attention is REDAKTSIYA (THE EDITORIAL OFFICE) (and as of this writing there are still tickets available for the 25.02 screening at the Delphi). Even though the film is very much about modern day Ukraine and what it is (or perhaps was) like to live in the nation's southern region, it is a laugh-out-loud funny satire. Most of the movie was completed before the war, and remarkably enough the movie follows a man trying to deliver important news in the days leading up to a war. The man doesn’t necessarily fail at delivering this news, but due to circumstances beyond his control, the news can never gets past an editor’s desk.

THE EDITORIAL OFFICE uses this set-up to present a modern-day CATCH-22, where you might get hired as a reporter only to end up being paid to not do your job. The director, Roman Bondarchuk, grew up in this area of Ukraine, and he was raised by journalists and has a few documentaries under his belt already. This personal background is felt in the film, as the jokes and painful absurdity feel all too real and authentic — even as things grow increasingly surreal with every scene. Berlinale veterans might understand comparisons to similar-minded auteurs like Max Linz, Julian Radlmaier, and Radu Jude. If you like that kind of barbed socio-political satire, you’re likely to enjoy REDAKTSIYA.

There are also a couple of screenings available this weekend for THROUGH THE GRAVES THE WIND IS BLOWING, the latest historical examination/filmic-essay from the prolific Travis Wilkerson. This time we’re in Split, Croatia, where we look at the modern history of the city, and the nation at large, through the lens of a series of unsolved murders. We follow a beleaguered police detective around the city as he explains why no one cares about murdered drunken tourists, and we wonder why a fascist brand of nationalism continues to maintain a grip on the region.

I’ve already recommended HENRY FONDA FOR PRESIDENT, in which a German filmmaker takes a critical eye to another nation’s history, and while Wilkerson’s film isn’t quite as rigorous or impactful as that one, it does have its own renegade charm and likewise offers an interesting outsiders perspective on country’s problems. I really loved Wilkerson’s NUCLEAR FAMILY, from the 2022 Berlinale. His films have grown to have a very specific, personal style that some might find distancing, but that I find aesthetically pleasing. Some documentaries incorporate years of research and aim to be definitive. For better or worse, Wilkerson’s movies are more like a rhythmic, audio/visual collage of what’s on his mind right now. They're more of an immediate response, which gives them the benefit of having more energy than your average doc.

Finally, on the other end of the cinematic spectrum, there's BEOM-JOE-DO-SI 4 (THE ROUNDUP: PUNISHMENT). As of Friday morning, there are still a few screenings available with weekend (I’ve got mine for the Saturday showing). I didn’t catch the last installment, but I thought the first two did a good job of balancing comedy and drama, as well as gangster movie intrigue with above average action set-pieces, so I’m looking forward to experiencing this one through the Verti Music Hall’s giant screen and oppressive sound system. The main draw is the inimitable presence of Ma Dong-seok (aka Don Lee), who reminds me of Russell Crowe in his ability to be both a charming cad and a hulking brute — often in the same scene.

The first entry in this series was kind of like, what if THE DEPARTED was told from the perspective of Mark Wahlberg’s character? Since then, the series has focused more on the team element, with Don Lee being the muscle of this special police force, and other characters having their own talents. It’s not your typical Berlinale fare, but maybe that’s why I’m looking forward to it. After taking the devil’s bath and venturing through the graves where the wind is blowing, it’s good to be reminded that cinema is many things. Sure, it can be a useful tool for exploring the human condition, but it can also be a canvas on which to orchestrate elaborately choreographed action sequences wherein Don Lee pummels his way through a den full of axe-wielding bad guys. It may not be the most virtuous option this weekend, but variety is the spice of a moviegoing life too, right? (Sean Erickson)

Perspektive eines Nilpferds: Pepe

Wettbewerb: Aus Schnauben und Grunzen erwächst eine Stimme, eine Stimme die sich ihrer eigenen Herkunft langsam nähert. Sie gehört PEPE, einem Nilpferd, und erweist sich als Stimme aus dem Grabe. Den Pepe wurde getötet, nicht von Wilderern oder Trophenjäger*innen in Afrika, sondern auf einem anderen Kontinent. Von einem Deutschen, im Auftrag des kolumbianischen Militärs. Wie es dazu kommen konnte, versucht Pepe nun zu rekonstruieren. Er spricht zu uns in Afrikaans, in der Bantu-Sprache Mbukushu und in Spanisch. Er erzählt von seinen Ahnen, seiner Familie, von Gringos, Frieden und Leid und von seinem Tod. Aber diese Geschichte kann nicht erzählt werden ohne die Zweibeiner, die Pepes Familie auf diesen ihnen fremden Kontinent brachten.

Die Nilpferde in Kolumbien gibt es wirklich, und die mächtigen Tiere sind Teil des Vermächtnises eines Mannes, der Kolumbien lange in seiner Hand hielt und dessen schmerzvoller Griff auch heute noch zu spüren ist. Der „Drogenbaron“ Pablo Escobar ließ in den 1980er Jahren unter anderem Nilpferde für seinen Privatzoo beschaffen. Nach seinem Tod fanden die Tiere ihren Weg in die Freiheit der kolumbianischen Natur und sind dort heute zur Plage geworden. Der dominikanische Regisseur Nelson Carlos De Los Santos Arias nimmt dies als Ausgangpunkt für seinen vierten Film. Zwischen Pepes Stimme, die aus dem Off über Bildern grasender Nilpferde, landschaftlichen Weiten, oder auch mal einem schwarzen Hintergrund ertönt, finden sich Szenen einer Safari in Afrika, des Nilpferdtransports oder aus den Fischerdörfern am kolumbianischen Fluss, in dem Pepe schließlich sein Territorium findet. Dazwischen Fetzen der militärischen Korrespondenz zur Erlegung des Tieres, Schnipsel einer Kinderzeichentrickserie über ein Nilpferd selben Namens, das die Welt bereist.

Ein Sammelsurium an Bildern scheint es, an Perspektiven und filmischen Erzählformen. Das mag an manchen Stellen konfus wirken, aber so konfus und fragmentiert ist auch die Wirklichkeit in einer post-kolonialen Welt. Ein Film der sicher nicht alle anspricht, aber eine poetische Kraft entwickeln kann, wenn eins sich darauf einlässt. Schade nur, dass Pepe am Ende ein Stellvertreter der Diskurse bleibt und die Mensch-Tier-Verhältnisse, die eben auch von Mächtigen und Unterdrückten handeln, wenig eigenen Raum erfahren. (Clarissa Lempp)

Sa 24.02. 21:45 Akademie der Künste

Die leere Provinz: Andrea lässt sich scheiden

Panorama: Die Provinz, in der Josef Haders ANDREA LÄSST SICH SCHEIDEN spielt, ist eine, die sich durch Leere auszeichnet. In einer Landschaft ohne Besonderheiten stehen grau-weiß verputzte Siedlungshäuser ohne Persönlichkeit. Allein eine Betonskulptur auf der Verkehrsinsel am Ortseingang, die vage an einen rosa Knoblauch erinnert, bringt eine surreale Note ins Spiel. Mitten im Nichts, am Ende eines Feldweges unter hellgrauem Himmel, warten Andrea (Birgit Minichmayr) und Georg (Thomas Schubert) mit ihrem Polizeiauto darauf, dass auf der leeren Landstraße mit den zwei mickrigen Alleebäumen ein Auto vorbeifährt, dessen Geschwindigkeit sie überprüfen könnten. In die Abwesenheit fallen Sätze wie Ziegelsteine. „Was feiert man am Geburtstag eigentlich?“ sinniert Georg. „Das man im letzten Jahr nicht gestorben ist,“ antwortet Andrea. Wenig passiert in der Provinz. Bei einem kranken Bauer sind Kühe verendet. Georg feiert Geburtstag. Andrea lässt sich scheiden, vom Andy (Thomas Stipsits), auch wenn der auf Georgs Geburtstagsfeier stockbesoffen verspricht, nie wieder einen Tropfen anzurühren. Außerdem will Andrea weg, nach St. Pölten, in dem der Himmel das gleiche Hellgrau hat, aber wo vermutlich mehr los ist und weniger Leute alles über sie wissen. Dann allerdings überfährt sie auf dem Heimweg von Georgs Geburtstagsfeier auf der einsamen Landstraße aus Unachtsamkeit den Andy und begeht Fahrerflucht. Der nächste vorbeikommende Autofahrer, der alkoholkranke Religionslehrer Franz (Josef Hader) wird haftbar gemacht und nimmt die Schuld bereitwillig auf sich. Andrea ist ratlos. Einsame Autos knattern auf leeren Landstraßen entlang, dunkle Hauseingänge bilden Untiefen in nächtlichen Rauhputzfassaden, im Diabolo tanzen alkoholisierte Singles unter der Diskokugel, ein Hund stirbt. Josef Haders staubtrockene „Komödie“ erzählt vom eigenen Rhythmus des Provinzlebens, von Menschen, die empathielos scheinen wie Steine, oder windschief und marode wie ein alter Schuppen, wie der Franz einer ist. (Hendrike Bake)

Sa 24.02. 18:30, Zoo Palast 1, Audiodeskription via App GRETA

Eine Wucht von einem Film: Des Teufels Bad

Wettbewerb: Was für ein Film! Im Wettbewerb hatte ich nach zahlreichen Filmen, die eigentlich eher ins Forum gehörten, hätten sie nicht die ein oder anderen Stars, und ordentlichen Essay-Filmen, die ganz gut auf Diskussionsveranstaltungen von kommunalen Kinos aufgehoben wären, nicht mehr viel erwartet. DES TEUFELS BAD ist von Veronika Franz und Severin Fiala ist ein Meisterwerk. Am ehesten gehört es zum Genre des Folk Horrors, aber die Folklore ist hier einfach der österreichische Katholizismus, der Horror keine übernatürliche Kreatur, sondern das Leben in einer Welt, die dem Unglück keinen Platz zugewiesen hat.

Die Welt, das ist hier ein niederösterreichisches Tal. DES TEUFELS BAD beginnt mit einem Kindesmord. Die Sonne scheint und glitzert auf den Gräsern, in dem ein Baby in der Wiege liegt, im Hintergrund ein gedrungenes Steinhaus, der Schornstein raucht, ein Junge spielt. Die Mutter schickt ihn ins Haus, nimmt das Kind aus der Wiege, geht durch den Wald, legt dem weinenden Kind eine Kette um und steht schließlich hoch oben in einem Wasserfall. Ein so wuchtiges Kinobild wie dieses war auf der Berlinale bisher nicht zu sehen. Sie wirft das Kind in den Abgrund. In der nächsten Einstellung läuft sie über eine nebelverhangene Brücke auf ein burgartiges Gebäude zu – ein Bild das Murnaus NOSFERATU würdig wäre. Sie klopft an die Tür, die sich öffnet: „Ich habe etwas zu gestehen“.

Agnes, eine junge Bauersfrau, webt einen herbstlichen Kranz. Es ist ihr Hochzeitstag mit Wolf, dem zweitältesten Sohn einer Bauersfamilie. Er wird den Kranz später achtlos zur Seite werfen. Alles dreht sich um das Kinderkriegen. Symbolisch wird sie in Ammentracht gekleidet und eine Alte legt ihr ein Bündel in den Schoß. Aber ihr Mann rührt sie im Bett nicht an, er masturbiert nur neben ihr. Für Agnes zerbricht die Welt.

Franz/Fiala vermeiden jedes Klischee. Die Dorfbewohner sind keine Unmenschen. Auf ihre Weise meinen sie es gut mit Agnes. Agnes ist verträumt, sammelt Schmetterlinge und Blumen: „Schau mal, wie das glitzert“ sagt sie zu Wolf. „Ja, Fischschuppen“ sagt der unbeeindruckt. Franz und Fiala bebildern die Welt wie Agnes sie sehen könnte – das Moos, das Dickicht, der Nebel über dem Tal, die Wies weiß und grün. Der Schlamm im Fluss, aus dem die Bauern Karpfen fischen, die Fischköpfe wie Dämonen, die Kirche auf Knien gefilmt wie das Haus des Herrgotts, der verdammen und erlösen kann. Einer hat sich umgebracht im Dorf, der darf nicht begraben werden. Seine Leiche fault auf einem dürren Acker, und Agnes Seele verdüstert sich mit. Der Tod ist kein Ausweg, nur ein Weg in das ewige Elend.

DES TEUFELS BAD ist eine Wucht von einem Film, mit einem filmischen Furor gedreht, der die mittelmäßigen Fernsehbilder und die unwesentlichen und unmenschlichen Witzeleien einer idiotischen Nichtigkeit wie STERBEN vergessen lässt und aus dem Gedächtnis fegt. Der Film hat die körperliche Kraft der Filme von Jacques Audiard (DER GESCHMACK VON ROST UND KNOCHEN), das visuelle Pathos der Filme von John Ford, das Gespür für Atmosphäre und Natur von Friedrich Murnau. (Tom Dorow)

Di 20.02. 18:30 Berlinale Palast
Mi 21.02. 09:30 Verti Music Hall
Mi 21.02. 22:00 Verti Music Hall
So 25.02. 16:00 Berlinale Palast

Schönheit, Ruhe und Ruinen: ARCHITECTON

Wettbewerb: Im Jahre 2000, als man sich über die Zukunft des leergeräumten Potsdamer Platzes noch in der roten Infobox informieren konnte, sang die Berliner Band „Einstürzende Neubauten“ schon darüber, wie es sein würde, wenn das darauf Gebaute verfallen würde.

Die neuen Tempel haben schon risse / Künftige ruinen
Einst wächst gras auch über diese stadt / Über ihrer letzten schicht


Es passte deswegen, nach der Vorstellung von Victor Kossakovskys neuem Film ARCHITECTON aus einem dieser besungenen Tempel mit Blick auf die vielleicht prächtigste, aber vielfach schon merkwürdig leer und tot wirkende Phase des Potsdamer Platzes zu blicken.
ARCHITECTON geht der Frage nach, warum viele der modernen Bauten, grau und trist aus Beton, oft nach 40 Jahren schon verfallen sind, während antike Gebäude, deren Pracht heute nur noch zu erahnen ist, selbst im Verfall noch imposant wirken. Das war eigentlich auch schon ein Spoiler, denn diese Unterhaltung findet erst ganz zum Schluss des Filmes statt.
Zuerst wirken Bild und Ton unabhängig von jeder Erklärung, werden Steinbrucharbeiten in Zeitlupe und mit donnerndem Surroundsound gezeigt, die die Sprengungen an wie tektonische Plattenverschiebungen wirken lassen, zeigt der Film antike Ruinen und moderne Gebäude, die erst kürzlich von Erdbeben oder vom Krieg zerstört wurden, geht immer wieder ganz nah ran und zeigt die Spuren der Zerstörung, aber auch das Schaffen neuer Betonteile als Spuren eines Kreislaufs.
Und dazwischen lässt sich der italienische Architekt Michele De Lucchi in seinem verregneten Garten einen Zierkreis legen. Er sagt selbst, dass dieser keinen echten Zweck erfüllt, und er ist sich nicht sicher, wie lange seine Familie den Kreis nach seinem Tod behalten wird, aber für den Moment macht er ihm Freude.
Man muss ARCHITECTON nicht verstehen, sondern, ähnlich wie die Filme von Nikolaus Geyrhalter, zuerst erleben, bis dann Gedanken kommen, wie man das Erlebte interpretieren könnte. Das kann Berlin-bezogen sein oder es können Gedanken darüber sein, wie die Zukunft der Menschheit aussehen könnte, damit sie mehr ist als Ruinen. (Christian Klose)

Mi 21.02. 09:15 Haus der Berliner Festspiele
So 25.02. 12:15 Zoo Palast 2

Komplex: Alle die du bist

Panorama: In seinem zweiten Spielfilm zeichnet Michael Fetter Nathansky das Psychogramm einer Beziehung, die sich in Auflösung befindet. Der Film beginnt mit einer Szene, die möglicherweise der letzte Strohhalm für Nadine (Aenne Schwarz) ist, aber vielleicht fand der endgültige Bruch schon vorher statt, es kommt insgesamt so einiges zusammen. Vielleicht besteht aber auch doch noch Hoffnung? Nadines Mann Paul jedenfalls hat sich bei einem neuen Job vorgestellt und in einer Panikattacke im Lager des neuen Arbeitgebers verschanzt. Nadine klettert über das Tor, beruhigt Paul und holt ihn raus. Liebevoll und kenntnisreich, sichtbar nicht zum ersten Mal. Sie spricht zu ihm wie zu einem Kind – und der Paul im Film wird in dieser Szene tatsächlich von einem Kind gespielt. In anderen Szenen ist er ein junger, unbeschwerter Mann, dann wieder eine Mutterfigur – je nachdem welche Rolle er für Nadine verkörpert, in welchem Modus sich die Beziehung gerade befindet.

Mit dieser originellen, überhöhten Konstruktion sagt der ansonsten sehr naturalistisch inszenierte Film weniger etwas über Paul (meist Carlo Ljubek) aus als über die verschiedenen Verhältnisse, die Nadine zu Paul hat, über das Schillern einer Beziehung, das allein im Kopf einer Person entsteht. Paul macht immer noch die gleichen Witze wie zu Beginn der Beziehung, ist immer noch der gleiche nette, liebevolle, etwas theatralische Typ. Aber Nadine lacht nicht mehr sondern ist genervt und von ihrer Genervtheit selbst mehr als schockiert. Hat sie aufgehört, Paul zu lieben, und wenn ja, bleibt das jetzt so?

ALLE DIE DU BIST erzählt auf zwei Zeitebenen. In der einen, der Gegenwart, löst sich die Beziehung auf. Nadine unternimmt Gegenmaßnahmen, spricht mit Paul, hält dieweil die kleine Familie zusammen und versucht in ihrem Job als Betriebsrätin, die Abwicklung ihrer Mechatroniker-Abteilung in der Kohleindustrie zu verhindern. Der Zerfall der Beziehung hat nicht allein, vielleicht nicht einmal hauptsächlich, mit den beiden Hauptbeteiligten zu tun, sondern wird auch als Ergebnis der Umstände gezeichnet, als Kollateralschaden der pausenlosen Verantwortung, die auf Nadine lastet. In komplex verwobenen Rückblenden erzählt der Film parallel dazu, wie Nadine und Paul sich kennengelernt haben. Damals war Nadine die Neue im Betrieb, frisch aus Ostdeutschland mit Kind nach Köln gezogen. Der Stress war nicht weniger, aber Nadine hat Paul damals eher als Verbündeten gesehen denn als Bürde. In diesen Sequenzen ist Paul meist sein erwachsenes Selbst.

ALLE DIE DU BIST ist ein ambitionierter Film, der komplex erzählt, weil er der Komplexität von schwer benennbaren Zuständen gerecht werden will. Das holpert an einzelnen Stellen: Man kann den erzählerischen Umwegen erstaunlich gut folgen, aber es scheinen auch nicht alle zwingend nötig, das eher jugendliche Alter Ego und sein Einsatz in den Nadine-verliebt-sich-Szenen hat mich irritiert, und kann jemand Sara Fazilat bitte mal eine zarte Rolle geben? hier spielt sie einmal mehr die burschikose Freundin und wirkt von allen Personen am ausgedachtesten. Persönlich fand ich Pauls Schäkereien auch schon zu Beginn weder lustig noch sexy und habe deshalb das Entlieben besser nachvollziehen können als das Verlieben. Aber andere haben das anders empfunden und hoffen noch auf ein Happy End.

Aenne Schwarz und Carlo Ljubek schaffen es, eigenwillige, dreidimensionale Figuren zu spielen. Es gibt schmerzhaft glaubhafte Momente. Die weitere Umgebung von Köln mit ihren Silos und Autobahnen taucht fernab jeder Kumpel-Romantik auf. Den nächsten Film von Michael Fetter Nathansky würde ich mir ansehen. (Hendrike Bake)

Fr 16.02. 18:30, Zoo Palast 1, Audiodeskription via App GRETA
Fr 16.02. 18:30, Zoo Palast 2
Sa 17.02. 18:30, Cubix 9
So 18.02. 13:00, Cubix 5
Di 20.02. 15:30, Colosseum 1
Di 20.02. 20:30, Kino Toni, Berlinale Goes Kiez
Fr 23.02. 21:30, Zoo Palast 1, Audiodeskription via App GRETA

Macht aus seiner Verunsicherung keinen Hehl: A DIFFERENT MAN

A DIFFERENT MAN sieht aus wie einer der „Underground“-Filme der frühen achtziger Jahre, die einst das Forum des jungen Films zeigte, VORTEX, DECODER oder SUBWAY RIDERS, gekreuzt mit den Splatter- und „Melt“-Movies, die ab Mitte der achtziger Jahre den Weg in hippe Videotheken fanden. Aber A DIFFERENT MAN hat ein ganz anderes Anliegen, das sich mir zumindest erst nach der Pressekonferenz zum Film erschlossen hat.

In einem schmuddeligen New York lebt der schüchterne Edward (Sebastian Stan), dessen Gesicht von Tumoren entstellt ist. Als neben ihm die strahlend schöne Ingrid einzieht, und sich für Edward interessiert, verflucht Edward sein Schicksal und unterwirft sich einer gefährlichen medizinischen Prozedur, die seine Gesichtshaut in Fetzen hinabfallen lässt. Darunter kommt ein glattes, attraktives Gesicht zum Vorschein. Statt sich Ingrid zu erkennen zu geben, gibt sich Edward eine neue Identität. Er wird ein erfolgreicher Immobilienmakler, bis er Ingrid wiederbegegnet, die mittlerweile ein Theaterstück über die Begegnung mit Edward geschrieben hat. Edward bewirbt sich darum, sich selbst zu spielen, und mit einer Maske seines ehemaligen Gesichts gewinnt Edward auch die Rolle und das Herz von Ingrid – bis ein Nebenbuhler auftaucht. Oswald (Adam Pearson) sieht fast genauso aus wie Edward, geht aber offensiv, weltmännisch und lässig mit seinem Aussehen um.

In A DIFFERENT MAN gelingt dem depressiven Edward wenig, und ein schöneres Gesicht hilft dabei kaum. Adam Pearson, der Darsteller des Oswald, hat Neurofibromatose, die dazu führt, das nicht-bösartige Tumore in seinem Gesicht wachsen, und sieht tatsächlich so aus wie Edward zu Beginn des Films. Unter anderem trat er in Jonathan Glazers Film UNDER THE SKIN auf, als eines der Opfer des von Scarlett Johannson gespielten Aliens. Regisseur Aaron Schimberg hatte mehrere Operationen, um eine Gaumenspalte zu beheben, und haderte selbst mit seinem Aussehen. A DIFFERENT MAN ist ein aktivistischer Film, der aus der eigenen Verunsicherung keinen Hehl macht. Ein Film im Film zeigt, wie ein Lehrfilm aussehen könnte, der für größere Akzeptanz für Menschen mit Gesichtsdeformationen wirbt. Selbst die Darsteller, deren Verhalten als richtig dargestellt werden soll, wirken peinlich berührt. Richtiges Verhalten ist nicht leicht, wenn selbst die Aufforderung, doch jemanden zu einer Party mitzubringen, traurige Blicke ernten kann. Nicht jede*r hat Adam Pearsons Chuzpe und Charme. Schimberg ist es gelungen aus diesem Thema einen unterhaltsamen Film zu machen, dessen Retro-Indie-Stil großes Vergnügen bereitet. (Tom Dorow)

Berlinale Dispatch #2

As we round the corner into the second half of the 74th Berlinale, and before festival fatigue begins to seriously warp the senses, let’s check in on some of the highlights, along with a couple of notable titles that are premiering soon.

Has anything topped the impact of JANET PLANET (which still has a couple of screenings coming up on the 22.02 at the Titania, and on 25.02 at the International)? I’m not sure, but two Competition movies have come close. Alonso Ruizpalacios’s LA COCINA is an absolute wonder to behold. This day-in-the-life of a restaurant crew is a tour-de-force of impressively choreographed kitchen chaos, inter-spliced with beautifully filmed, personal moments of intimacy, humor, and heartbreak. The black & white photography feels purposeful, rather than just indulgent, and the script does an impressive job of giving everyone in the international, ensemble cast at least one moment to shine. Even though digital editing makes it easy to fake a show-stopping oner these days, LA COCINA nevertheless wows with its fluid camera moves and elaborate stagings. It’s one of those movies that both entertains and has a lot to say about society, relationships, and capitalism. A joy from start to finish.

Matthias Glasner's STERBEN (DYING) isn’t exactly a crowd-pleaser, but it is a jaw-dropper at times. Even though it has a runtime that pushes the three-hour mark, it doesn’t feel long at all. It’s one of those movies about a family where each member gets their own chapter, but it’s so brilliantly written that each piece immediately adds details that deepen the story, themes, and relationships in an engaging way. I love Lars Eidinger and he doesn’t disappoint at all as the son of two dying parents. Playing his mother is Corinna Harfouch, who has played Eidinger’s mother on screen before. These two get the centerpiece scene of the film, where Eidinger is told a lot of things he doesn’t want to hear. It’s a masterful mix of writing and acting that combines humor and heartbreak to staggering effect. So far, I’d say it’s the scene of the festival — one that I’m already eager to revisit despite the emotional toll involved.

Hong Sangsoo’s YEOHAENGJAUI PILYO (A TRAVELER’S NEEDS) doesn’t quite reach the heights of other recent Berlinale debuts like THE NOVELIST’S FILM or THE WOMAN WHO RAN, but it does have its moments. The director clearly delights in dropping Isabelle Huppert into a few Korean homes and simply watching what happens. That’s not to say these are improvisational situations — these are the same carefully orchestrated scenes we’ve come to expect from Hong Sangsoo, complete with moments that echo the dialog of previous scenes and gently build towards an epiphany or two. There’s even a zoom on a household pet that echos a more triumphant moment from THE WOMAN WHO RAN. Given the director’s prolific nature of releasing two or three movies a year, it’s hard to feel disappointed in one that feels a little breezier than others. It might be a “small” movie, but it's still delightful.

There’s also a couple of interesting Panorama movies that are having their first screenings in the days ahead. Nathan Silver’s BETWEEN THE TEMPLES will likely appeal to those who count HAROLD & MAUDE among their favorite American films. In this case, Jason Schwartzman plays a cantor who can’t sing, yet finds his voice, and a renewed sense of purpose, when he runs into his old music teacher, played by the always delightful Carol Kane. Despite being in her 70s, Cane wants to have the bat mitzvah she never had, and Schwartzman agrees to help. The plot probably sounds more conventional than it actually is. Silver is an eccentric director, frequently playing with the sound design and the editing rhythm to keep everything a little off-balance and unpredictable. Things can get dark and cringey in BETWEEN THE TEMPLES, but it adds to the movie being a fun, edgy, singular experience.

Speaking of singular experiences, Jane Schoenbrun’s I SAW THE TV GLOW is certainly that. It follows a couple of high schoolers who are obsessed with a low-budget 90s television show — to the extent that reality and fiction start to blur. I wouldn’t be surprised if ten people watched the movie and came away with ten different allegories to explain what the movie is really about. Addiction, the fluidity of identity, the sad limits of obsessive fandom… I wasn’t completely won over by the film, but it’s impossible to deny the imagery and unsettling vibes that Schoenbrun has put on screen. There’s one scene in particular, where a character is monologuing while crawling across the floor, and it might be the most striking image I’ve seen at the festival so far. Do doubt it’s the kind of movie that will benefit from a theatrical experience.

Which reminds me, I gotta run to the Verti Music Hall if I’m going to make that HAKO OTOKO screening... (Sean Erickson)

Feministischer Fiebertraum: LOVE LIES BLEEDING

(Berlinale Special): 2019 lieferte Rose Glass ihr Regiedebüt SAINT MAUD ab, ein psychologisches Kammerspiel das eine aufregende Geschichte über Glauben, Liebe und Schuld (mit einer kräftigen Dosis Body Horror) erzählte. Ihr zweiter Film LOVE LIES BLEEDING behandelt ähnliche Themen, hat aber ein größeres Budget, Starbesetzung und eine ganzen Stadt als Location zur Verfügung.

1989 ist die wurzellose Bodybuilderin Jackie (Katy O’Brian) auf dem Weg nach Las Vegas, um dort ihren Traum, einmal einen Wettbewerb zu gewinnen, zu erfüllen. Sie macht Station in einem kleinen Wüstenkaff, und trifft beim Trainieren Lou (Kristen Stewart) . Über eine gemeinsame Injektion kommen sich die beiden Frauen näher und verlieben sich, aber gerade Lou möchte über ihre Vergangenheit und Familie nicht nachdenken, geschweige denn reden. Doch das ist schwierig, denn ihr Vater (Ed Harris) ist der größte Gangster der Stadt und nichts passiert, ohne dass er davon weiß oder mitmischt. So imposant Jackie auch aussieht und so willensstark Lou ist, die Stadt ist „A Man’s World“, und von Frauen wird erwartet, dass sie alles aushalten, was passiert oder ihnen angetan wird. Bis Jackie einen Impuls liefert, der diese eingefahrenen und restriktiven Strukturen komplett aufreißt. Mehr wird nicht verraten, denn wenn er voll in Fahrt ist, liefert LOVE LIES BLEEDING ein paar echte „WTF?“-Momente, bei denen nicht immer klar ist, ob das Gezeigte Realität oder ein sehr intensiver Wunschtraum ist. Aber soviel sei gesagt: Wenn große Gefühle zum Tragen kommen, fließt Blut und der Körper kann sich zum Teil drastisch verändern.
Getragen von stylishen 80er-Bildern und einem großartigen Score von Clint Mansell (REQUIEM FOR A DREAM) ist LOVE LIES BLEEDING ein feministischer Fiebertraum, über den man hinterher noch viel sprechen kann und möchte. (Christian Klose)

So 18.02. 21:00 Verti Music Hall
Mo 19.02. 09:15 Haus der Berliner Festspiele
Mo 19.02. 12:45 Cubix 9
So 25.02. 21:00 Cineplex Titania

Postkoloniale Debatte: Dahomey

Wettbewerb: Mati Diops DAHOMEY ist ein Essay-Dokumentarfilm über geraubte Kulturgüter aus Benin, die von Frankreich an die Republik Benin zurückgegeben werden, unterem anderem ein Königsthron aus Abomey, der Haupstadt des Königreichs Dahomey, und drei große Statuen von Gottheiten der Vodun-Religion. In der Dunkelheit lässt Diop eine der Gottheiten selbst sprechen, über eine Reise von einer Fremdheit in eine andere. Die Kamera zeigt vor allem technische Details der Verpackung und des Transports der Statuen. Den Kern des Films machen Beobachtungen am Rande des Staatsakts, der die Restituierung der Kunstwerke begleitet, und eine Diskussion unter jungen beninischen Akademiker*innen aus. Die Positionen gehen weit auseinander. Ist die Restitution ein Erfolg der Regierung, oder bräuchte es energischere Maßnahmen oder eine Revolution, um die ehemaligen Kolonialmächte zur Rückgabe aller Raubgüter zu bewegen? Wirken die Kunstschätze identitätsstiftend, und wenn ja, für wen? Wie sollen Schulkinder etwas über ihre Geschichte lernen, wenn sie sich kaum die Reise ins Museum in Porto Novo leisten können? Sollten die Statuen überhaupt in ein Museum, oder nicht eher wieder ihrer kultischen Verwendung zugeführt werden. 95 Prozent der Beniner*innen praktizieren Vodun, nachdem sie in der Kirche waren, sagt ein junger Mann. Eine junge Frau sagt, sie wolle die Statuen nur als Kunst wahrnehmen, vor der religiösen Bedeutung hätte sie Angst. Was alle Diskutierenden eint, ist die Hoffnung, die Werke könnten einen Sinn für die Geschichte Benins und Dahomeys vermitteln, und einen Stolz auf diese Geschichte. Dass das Königreich Dahomey eine Sklavenhalter*innengesellschaft war, kommt in Diops Film vor, in der postkolonialen Debatte stehen zunächst andere Fragen auf der Agenda. (Tom Dorow)

So 18.02. 15:45 Berlinale Palast
Mo 19.02. 14:00 HKW 1 - Miriam Makeba Auditorium
Mo 19.02. 21:30 Verti Music Hall
Di 20.02. 09:30 Verti Music Hall
So 25.02. 21:30 Berlinale Palast

Dorfapokalypse: L'EMPIRE

(Wettbewerb): Das französische Küstendörfchen, in dem Bruno Dumonts neuester Film L‘ EMPIRE spielt, könnte kaum langweiliger sein. Jony fährt wie jeden Tag zum Fischen mit seinem Boot raus, und am Strand genießt Line, daß sie ganz allein ist, und sich nackt sonnen kann. Als sich die beiden begegnen, scheint sich erst ein Flirt anzubahnen, aber dann zeigt sich, dass im Geheimen große Dinge im Gang sind: Jony ist eigentlich der Prinz einer außerirdischen Rasse, den Nullern, die alles Düstere und Negative im Menschen fördern, und sein kleiner Sohn wird als Antichrist irgendwann die Apokalypse einleiten. Ihnen gegenüber stehen die Einser, als Dorfjugend getarnte Engel, die bis zum großen Endkampf schon einige Nuller mit ihrem Lichtschwert geköpft haben. Aber als Nächstes wollen sie Jonys Sohn in ihre Gewalt zu kriegen, denn dies könnte die finale Schlacht um die Welt entscheiden.
Wobei der Antichrist nur am Anfang wichtig ist. Viel mehr Filmzeit nehmen die Aktionen der Agent*innen beider Seiten ein, die zwischen Angriffen und Ablenkungsmanövern über die metaphysische Ebene ihres Krieges philosophieren, auf Pferden reiten oder erforschen, wie sich der Sex mit einem Feind anfühlt. Fernab von den grimmigen Weltuntergängen der Marvel/DC-Filme, steuert die Erde bei Dumont recht skurril und etwas verpeilt auf ihr Ende zu. Die Besetzung aus Laiendarsteller*innen und Schauspielveteran*innen ist sich für ausgedehnte Albernheiten nicht zu schade, und für das Design der Weltraumstationen stand unter Anderem die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche Pate. Was das alles soll, ist natürlich eine Frage, die nicht gestellt werden darf. L’EMPIRE steht irgendwo zwischen Bibel, STAR WARS und Clownerie und bietet im Wettbewerb eine amüsante Auszeit von seriöserer, schwererer Kost.
(Christian Klose)

So 18.02. 22:00 Berlinale Palast
Mo 19.02. 10:00 Verti Music Hall
Mo 19.02. 21:45 HKW 1 - Miriam Makeba Auditorium
Mi 21.02. 21:30 Haus der Berliner Festspiele
So 25.02. 12:30 Verti Music Hall

Abschied von der Ersatz-Frau: ANOTHER END

Sals Freundin Zoe ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. In dieser Sci-Fi-Welt gibt es aber mehrere Optionen, um den „Abwesenden“ nahe zu kommen. Sal hat sich bereits Zoes Erinnerungen angesehen, nun schlägt seine Schwester Ebe eine neue „Therapie“ vor, die von der Firma entwickelt wurde, für die sie arbeitet. Es gibt die Möglichkeit, den Geist Verstorbener in den Körper eines „Hosts“ herunterzuladen, um über mehrere Treffen hinweg Abschied zu nehmen. Wenn die Toten allerdings erfahren, dass sie schon verstorben sind, ist „die Simulation“ zu Ende. Sobald die Körper einschlafen, sind die Toten endgültig tot.

Zur Wiederbelebung des britischen Horrorlabels „Hammer“ kam die Idee so ähnlich schon einmal auf die Leinwand. Damals wurde das Kind eines trauernden Paares mit magischen Methoden vorübergehend wiederbelebt – und wollte dann natürlich nicht mehr sterben, mit blutigen Folgen. Hier läuft die Geschichte anders: Die Lebenden wollen die Toten nicht gehen lassen. Obwohl Sal zunächst mit dem Zoes neuem Körper hadert, gewöhnt er sich schnell an sie und will nicht von Zoe lassen. Als es Komplikationen gibt, sucht er die Frau auf, die als „Host“ für Zoe dient, die depressive Prostituierte Ava.

Teils „Black Mirror“-Episode, teils Männerfantasie, die zur ultimativen Objektifizierung von Ava führt – vom Ersatz für die Ex über die hilfsbedürftige Hure bis zum halboffenen Finale – ist ANOTHER END ein seltsamer, aber interessanter Film. Es geht unter anderem um das Bedürfnis nach einem Abschluss und die Suche nach Vergebung, andererseits weiß mindestens Sals Schwester Ebe, dass die „Therapie“ dabei nicht hilft, sondern die Sehnsucht nach den Verstorbenen nur verstärkt. Eine überraschende Wendung verhilft den Figuren schließlich doch zu einer Art „Closure“, aber das wirkt eher wie die in fünfziger Jahren angehängten falschen Happy Ends in tragischen Filmen. Ein schwer morbider Wettbewerbsfilm mit sehr wackligen Identitäten aber nicht der schlechteste. Renate Reinsve (THE WORST PERSON IN THE WORLD), die schon in einem anderen Wettbewerbsfilm das Dreamgirl gespielt hat, schaltet hier wieder ihr 100.000 Watt-Lächeln ein, allerdings schaltet sie es manchmal auch so vollständig ab, dass es sehr beeindruckend ist. (Tom Dorow)

Vorführungen:
Sa 17.02. 19:00 Berlinale Palast
So 18.02. 09:00 Verti Music Hall
Mo 19.02. 21:00 Kino Zukunft Berlinale Goes Kiez
Di 20.02. 14:45 Verti Music Hall
Do 22.02. 18:00 Verti Music Hall
So 25.02. 10:00 Berlinale Palast

Es geht ums System: LA COCINA

Wettbewerb: Alonso Ruizpalacios‘ Film basiert lose auf einem Theaterstück von Arnold Wesker aus den 1950er Jahren und kultiviert selbst seine Theaterhaftigkeit. Das Studioset, das ein New Yorker Touristenrestaurant am Times Square namens „The Grill“, darstellt, ist einerseits ein verwinkeltes Labyrinth, das an Kafkas „Der Prozess“ erinnert, andererseits große Bühne - vor allem die riesige Küche mit den Arbeitsstationen, an denen Köche und (ein paar) Köchinnen aus aller Welt schuften, und das Lokal, in dem die Kellnerinnen in ihren gestreiften Kleidchen eine exakte Choreografie aufführen. Estela (Anna Diaz), mexikanische Immigrantin ohne Papiere, führt in diese Welt. Sie sucht nach Pedro und erhält einen Job, der sie in die Küche führt. Hier arbeitet auch Pedro (Raúl Briones Carmona), der aus ihrem Heimatdorf kommt, und sich als der gemarterte Antiheld der Story entpuppt. Er ist lebhaft, aggressiv und auf Kante genäht, vor allem seit die Kellnerin Julia (Rooney Mara) ein Kind von ihm erwartet und abtreiben möchte. Schlimmer noch, aus der Kasse ist Geld verschwunden, der Verdacht fällt auf Pedro - und die Legalisierung seines Status‘, die der Chef wie eine Karotte vor seiner Nase baumeln ließ, rückt damit in unerreichbare Ferne.

LA COCINA ist dabei weniger ein Film, der eine Geschichte erzählt, als eine Aneinanderreihung von „Set Pieces“, die jeweils für sich als eine Art Tanz der filmischen Mittel und der Figuren inszeniert sind. Im Intro hantiert Ruizpalacios mit Chören, Zeitlupe, Stop-Motion, Unschärfen und freischwebenden Zitaten, die aus dem Off aber auch von dem Typen stammen könnten, den Estela in der U-Bahn trifft. Der erste Dialog von Julia und Pedro ist um ein Hummer-Aquarium herum choreografiert, als Tanz zweier Lohnabhängiger um das perverse, noch lebendige Luxusessen. Später wird Pedro, der immer wieder, wie eine Art Jesus mit Anger-Management-Problemen, den kapitalistischen Status Quo im Betrieb in Frage stellt, einem Obdachlosen jenen Hummer servieren und darüber fast den Job verlieren. Ein Geplänkel in der Küche wird sich zu einer Kakophonie aus internationalen Schimpfwörtern steigern, und ein kaputter Cola-Automat die ohnehin fragile Küchenroutine ins totale, selbstverständlich ebenfalls choreografierte Chaos stürzen. Zunächst hat das Drive, machen die formellen Experimente neugierig, aber umso länger der 2 ½-stündige Film dauert, umso mehr vermisst man eigenständige Charaktere, die sich entwickeln, und die Präzision in der Erzählung, die Kino möglich macht.

Der Film agiert durchweg in einer Tonlage: Agit-Prop. Alles ist symbolisch und beispielhaft, das Küchenteam besteht aus einer Ansammlung von migrantischen Arbeiter*innen, die nie mehr werden als das: migrantische Arbeiter*innen. Auch die Hauptpersonen kommen über eine grobe Skizzierung nie heraus. Das ist natürlich Absicht, es geht ums Allgemeine, ums System, um Hierarchien, und um die Frage, was mensch in einer von Profit und Imperialismus regierten Welt überhaupt träumen und wollen kann, darum, dass die Individualität in diesen Verhältnissen gar keine Rolle spielt. Und dennoch stellt Kino fast automatisch eine Intimität und Konkretheit her, mit der LA COCINA leider nichts anzufangen weiß. Während Julia und Pedro am Aquarium ihr Beziehungsgespräch führen, drückt Pedro seine Nase an die frisch geputzte Scheibe. Julia protestiert – sie hat dort nämlich gerade sauber gemacht – aber das ist nicht nur Pedro egal, dem Film offenbar auch. Wichtiger als die konkrete Situation scheint im Zweifel immer die Bildidee – in diesem Fall Pedros originell verzerrtes Gesicht an der Scheibe. (Hendrike Bake)

Vorführungen:
Fr 16.02. 21:45 Berlinale Palast
Sa 17.02. 09:00 Verti Music Hall
Sa 17.02. 15:00 Haus der Berliner Festspiele
Sa 17.02. 21:00 City Kino Wedding. Berlinale Goes Kiez
Sa 17.02. 21:45 HKW 1 - Miriam Makeba Auditorium
So 25.02. 13:00 Berlinale Palast

Unterhaltsam und einfühlsam: KEYKE MAHBOOBE MAN

Wettbewerb: Ein besonderer Mann, der sich den Standards der Männlichkeit entzieht, findet sich auch in KEYKE MAHBOOBE MAN (My Favourite Cake) des iranischen Regie-Duos Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha, das leider keine Ausreisegenehmigung für das Festival erhielt und einen bewegende Nachricht über die Hauptdarstellerin Lily Farhadpour übermitteln ließ. Das Regie-Team begeisterte bereits 2021 das Berlinale Publikum mit ihrem Film BALLADE VON DER WEISSEN KUH über eine junge verwitwete Frau. Auch in ihrem diesjährigen Beitrag geht es um eine Witwe. Diese ist bereits 70 Jahre alt und auf der Suche nach einem Partner. In einem gleichaltrigen Taxifahrer findet sie einen Mann, der alle Eigenschaften hat, die anderen Ehemännern zu fehlen scheinen. Hilfsbereitschaft, Humor, Sanftheit. Ein unterhaltsamer und zugleich einfühlsamer Film, der immer wieder ohne tam-tam auf die politische Situation verweist. „The future is green“, blinkt da zum Beispiel an einem kleinen Gewächshaus in Neonschrift, und im Park macht sich Witwe Mahin vor der Sittenpolizei für eine junge Frau stark. Der Film zeigt Mahin ohne Kopfbedeckung. Diese Entscheidung sei mit Grund für die Zensur und Reisesperre, hieß es in der Botschaft der Regisseur*innen, die den Film daher konsequent der Bewegung „Frauen Freiheit Leben“ widmeten. (Clarissa Lempp)

Vorführungen:
Fr 16.02. 16:00 Berlinale Palast
Sa 17.02. 18:00 Verti Music Hall
Sa 17.02. 21:45 Haus der Berliner Festspiele
So 18.02. 12:30 Zoo Palast 1

Melancholische Zärtlichkeit: SMALL THINGS LIKE THESE

Eröffnungsfilm: Als ausgemergelter Oppenheimer war Cillian Murphy Teil des Barbenheimer Kults im letzten Sommer. Auch im diesjährigen Eröffnungsfilm sitzen die Augenringe wieder tief bei dem irischen Schauspieler. Denn „a man with a troubled past“ spielt er auch in diesem stillen Film aus seinem Heimatland. Unehelich im katholischen Milieu Irlands geboren, die Mutter früh verstorben - seine Kindheit sucht den erwachsenen Kohlenhändler Bill Furlong noch immer heim. Er gilt als einer der Guten in dem kleinen Städtchen. Seine Frau und die fünf Töchter sind versorgt, und trotzdem bleiben immer ein paar Münzen für herumstreunende Kinder und ein weihnachtlicher Bonus für seine Mitarbeiter übrig. Ein sensibler Mann in einer rauen weil ärmlichen Welt. Als er der jungen Sarah begegnet, die in einem katholischen Heim ihr Kind zu Welt bringen soll, lässt ihn ihr Schicksal nicht los.
Erst in den letzten Jahren arbeiteten Irland und die katholische Kirche die schrecklichen Vorgänge in den sogenannten Magdalenenheimen für junge Mütter auf. Misshandlungen, ungeklärte Todesfälle, Kindesentziehungen. So dunkel wie die Geheimnisse der Ordensschwestern sind auch die Landschaft und die Häuser im ländlichen Irland der 1980er Jahre, ein Set, das Hauptdarstellerin Eileen Walsh an ihre eigene Kindheit erinnert hat, wie sie auf der Pressekonferenz erzählt. Das familiäre Gefühle beim Dreh aufkamen, bestätigt auch Murphy, der mit Walsh schon vor 20 Jahren arbeitete. Überhaupt scheint SMALL THINGS LIKE THESE ein Herzensprojekt Murphys zu sein. Er schlug den Roman von Claire Keegan, auf dem der Film basiert, Regisseur Tim Mielant und schließlich Produzent Matt Damon vor, den er am Set von Oppenheimer traf.
SMALL THINGS LIKE THESE zeichnet das Bild eines Mannes, der nicht gebrochen, aber doch schwer geprägt von seiner Kindheit ist. Der eine melancholische Zärtlichkeit besitzt, die Cillian Murphy auf den Leib geschrieben scheint. Ohne großes Drama, Gewaltdarstellungen oder Action ins Bild zu rücken, inszeniert er eine Befreiungsgeschichte und die persönliche Seite eines kollektiven Traumas, das Irland prägte. (Clarissa Lempp)

Vorführungen:
Fr 16.02. 15:00, Verti Music Hall
Fr 16.02. 18:00, Verti Music Hall
So 18.02. 19:00, Colosseum 1

Ein Weihnachtsfilm: Small Things Like These

Eröffnungsfilm: Einerseits: ein Weihnachtsfilm. Ein Mann entscheidet sich gegen alle Widerstände, obwohl er weiß, dass er seine Existenz aufs Spiel setzt, das richtige zu tun, an Weihnachten, in Irland, gegen die Kirche, die Terrororganisation, die das Land und die Seelen vergiftet. Andererseits muss man Cillian Murphy schon sehr mögen, um ihm eineinhalb Stunden lang beim Brüten zuzusehen, und der Inszenierung, die vor allem auf Atmosphäre setzt, zu folgen.
Bill Furlong (Murphy), ein Kohlenhändler mit vier Töchtern, der selbst der Sohn einer Affäre seiner Mutter mit einem Oberschichtssohn ist, sieht, wie junge Frauen und Mädchen von den Nonnen in einem der „Magadalenen Häuser“, in denen unverheiratete schwangere Frauen Zwangsarbeit leisten mussten und gezwungen wurden, ihre Kinder zur Adoption freizugeben, behandelt wurden. Ein Mädchen wird immer wieder im Kohlenschuppen eingesperrt. Sie hatte ihn zuvor angefleht, ihr zur Flucht zu verhelfen. Wenn Bill dem Mädchen hilft, werden die „Schwestern“ sein Geschäft ruinieren, die Bewohner des Dorfes werden sich abwenden, niemand schätzt einen „Troublemaker“.
Bill und seine Frau sehen sich als Leute, die es „geschafft“ haben. Sie sind nicht arm. Ihre vier Kinder passen in ihre Wohnung und an ihren Tisch in der Küche, es gibt ein Wohnzimmer mit einem Fernseher, zwei Meter von der Couch entfernt. Es ist eng, aber warm und es gibt Suppe. Es sind die siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts.
Regisseur Tim Mielants, der unter anderem in den TV Serien „The Terror“ und „Peaky Blinders“ einige Folgen inszeniert hat, gelingt es, die physische Wirklichkeit dieser Welt zu inszenieren. Die Enge des Hauses, den Kampf gegen die Kälte, die körperliche Arbeit, den Klassenkampf, in dem niemand kämpft. SMALL THINGS ist ein langsamer Film, eine Art Weihnachts-Hamlet, bei dem mehr auf dem Spiel steht als ein Königreich: Bills Ansehen, das Familien-Einkommen, die Bildung der Töchter. (Tom Dorow)

Vorführungen:
Fr 16.02. 15:00, Verti Music Hall
Fr 16.02. 18:00, Verti Music Hall
So 18.02. 19:00, Colosseum 1

Berlinale Dispatch #1

As the 74th Berlinale gets underway, you could say it’s business as usual or that nothing is the same, or maybe both? The Berlin International Film Festival has always proudly owned its reputation as the more politically-minded of the Big Five, and this year is no different, with many films — some serious, others satirical — addressing the existential threats to peace, democracy, and personal liberties that continue to dominate the headlines. But politics have also played an unusual role leading up to this year's edition. Late last year, the city’s Kulturveranstaltungen des Bundes (KBB) decided not to renew the contract of current artistic director Carlo Chatrian. Despite an open letter signed by close to 300 of the top voices in world cinema opposing the decision, it looks like this will be Chatrian’s final program. And then, as you may have heard, the festival issued a press release to officially disinvite five AfD politicians and reiterate Berlinale’s commitment to the values of an open democracy. So yeah, it’s been a pretty eventful festival already.

This brouhaha likely explains why Chatrain has made a point of emphasizing that this year’s lineup is especially diverse — both in terms of the artistic voices being represented and the kinds of films on offer. So, while we have familiar names like Mati Diop and Hong Sangsoo, we also have the monocle-popping addition of THE ROUNDUP: PUNISHMENT. Few could have predicted that the fourth entry in a Korean action movie franchise would sit next to new films from Atom Egoyan (SEVEN VEILS) and Rose Glass (whose LOVE LIES BLEEDING is the director’s much-anticipated follow-up to 2019’s SAINT MAUD), but I’m always enthusiastic when Berlinale indulges in some genre movies. I also get a certain thrill that among the names taking part in the Berlinale Talents panel discussions this year are Tsai Ming-Liang, Martin Scorsese (who’s getting an honorary award this year), and the legendary, transgressive, punk rock performance artist Peaches (who’s the subject of an entertaining documentary in the Panorama section: THE TEACHES OF PEACHES). Only at Berlinale!

You can find Egoyan, Glass and THE ROUNDUP in the Berlinale Special section, along with Scorsese’s new documentary MADE IN ENGLAND: THE FILMS OF POWELL AND PRESSBURGER, and if you’ve never experienced the images of Powell and Pressburger on the big screen, it’s worth seeking out. More than any other section, the Berlinale Special feels particularly eclectic and enticing this year, with a new movie from the influential Japanese stylist Gakuryu Ishii (HAKO OTOKO/THE BOX MAN), an Abel Ferrara documentary about Patti Smith and Ukraine (TURN IN THE WOUND), as well as a new short feature by Kiyoshi Kurosawa (CHIME) and an 840(!) minute long documentary about documenta 14, the 2017 edition of the always ambitious contemporary art festival.

And let’s not overlook the fact that there are two films in the Special lineup without dialogue, both of which are compelling for completely different reasons. First there’s the new Tsai Ming-Liang movie WU SUO ZHU (ABIDING NOWHERE), which is the latest entry in his ongoing “Walker series,” this time following a Tang Dynasty Buddhist monk as he travels barefoot through forests, fields, and modern cities. Meanwhile, David & Nathan Zellner return to Berlinale with SASQUATCH SUNSET, a bizarre-sounding film that follows members of a Bigfoot family living in the US wilderness, starring Riley Keough and Jesse Eisenberg, because why not. Be warned: expect lots of flying feces.

It’s also not every year that the opening-night film is a Competition title. But this year we have SMALL THINGS LIKE THESE, which is likely getting the honor due to the radioactive, Oscar-nominated star power emanating from Cillian Murphy’s dreamy blue eyes. Murphy is far from the only notable acting name in the Competition. Gael Garcia Bernal stars in Piero Messina’s Black Mirror-y sci-fi feature ANOTHER END, and Rooney Mara can be seen in Alonso Ruizpalacios’s LA COCINA, which is adapted from a stage play about a day-in-the-life of a restaurant crew in downtown New York City. Ruizpalacios has won a couple of awards in past Berlinales, with his twisty A COP MOVIE being a highlight of the 2021 Covid edition. Oh, and anyone familiar with the Marvel movies will recognize the name Sebastian Stan, who’s leading Aaron Schimberg’s A DIFFERENT MAN, which is about an actor who decides to get a new face, only to have a darkly ironic twist befall him. Schimberg’s previous film CHAINED FOR LIFE is already a cult classic of recent American indie films.

As to be expected, German stars are shining in Competition, too. The predictably unpredictable Lars Eidinger is the star of Matthias Glasner’s STERBEN (DYING), where he plays a symphony conductor forced into an uncomfortable family reunion. Nina Hoss is also present in Claire Burger’s LANGUE ÉTRANGÈRE, which is a coming-of-age story revolving around a French schoolgirl who gets a political awakening when she finally meets her German penpal in person.

Speaking of French films, this year’s Berlinale feels like a real coup, with the Competition lineup featuring new films from Cannes favorites Olivier Assayas and Bruno Dumont. Assayas’s film, HORS DU TEMPS (SUSPENDED TIME) reunites the director with his latest muse Vincent Macaigne and takes it’s inspiration from the 2020 Covid-lockdown period to tell a tale of two couples isolated in a home filled with haunted memories and creeping surrealism. Meanwhile, I couldn’t be more excited about Dumont’s film, which appears to be a sci-fi infused Christ-child allegory that only a director like Dumont could dream up. We should also acknowledge the fact that there's two films starring the living legend of French cinema Isabelle Huppert. She’s the unexpected lead in Hong Sangsoo’s Competition entry YEOHAENG JAUI PILYO (A TRAVELER’S NEEDS) as well as being the star of André Téchiné’s LES GENS D’À CÔTÉ (MY NEW FRIEDS), which can be found over in Panorama.

And what about the Panorama, Generations, and Forum sections? Well, let me wrap this up with three recommendations that touch on at least two of those categories. In the Forum lineup there is a wonderful documentary by the German filmmaker Alexander Horwath called HENRY FONDA FOR PRESIDENT. The idea of charting the history of America through the films of actor Henry Fonda may sound kind of academic and niche, but Horwath has crafted a surprisingly moving film that is both grand in its examination of America’s many problems, and closely poignant in its look at Fonda’s personal and professional struggles. HERNY FONDA FOR PRESIDENT may be a heady film essay about a troubled nation, but it’s also a cinematic delight that contains more than a few moments of unexpected transcendence that only movies, and the magical art of editing, can provide.

In the Panorama section, there are two gems I can vouch for. The first is another genre film — this time a heist movie by the esteemed German director Thomas Arslan called VERBRANNTE ERDE (SCORCHED EARTH). It’s a low-key crime movie, following a small group of thieves who are tasked with stealing a famous painting from a museum (I won’t spoil which painting). But in this case the actual heist isn’t as difficult as finding a way to get rid of the painting, and to get paid, once the original buyer starts putting a double cross in motion. It’s not quite as stylish as Nicolas Winding Refn’s DRIVE, but it’s in the same league at being a moody, suspenseful thriller that fans of crime fiction are likely to adore. Also, plenty of notable Berlin locations are on display, which is always fun.

Finally, allow me to extol on the wonders of JANET PLANET, the debut feature from the Pulitzer Prize-winning playwright, Annie Baker. This is a beautifully photographed, minutely observed and perfectly measured film. Inspired by Baker’s own childhood, growing up among the tall trees of Western Massachusetts, the movie follows 11-year-old Lacy (Zoe Ziegler) and her single mom Janet (Julianne Nicholson), who runs an acupuncture business out of the house (called Janet Planet). The story is divided into three chapters, each marked by the arrival and departure of a different person into Janet and Lacy’s gravitational orbit. The way the film plays with these evolving relationship dynamics is utterly fascinating and left me feeling overwhelmed, but in a great, heartwarming way. This is a depiction of a mother-daughter relationship like no other. In fact, I was left wondering, could there really be another film at this year’s Berlinale that can top JANET PLANET? I guess we'll find out. (Sean Erickson)