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Verdammt nochmal Berlin – Fucking City revisited

Hollywood, Ecke Hansaviertel

Der Filmacher Lothar Lambert lässt seine Berliner Underground-Filme noch einmal Revue passieren und vergleicht Drehorte heute und damals.

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Lothar Lambert reist nicht gerne. Deshalb spielen seine Low- und No-Budget-Filme seit Anfang der 1970er eben ausschließlich in Westberlin. Und deshalb ist sein filmisches Selbstporträt auch eng mit dem Teil der Stadt verknüpft, den er in der ersten Szene vom Funkturm aus überblicken kann. Mit seinem Co-Autor, dem Filmkritiker und Berlinkenner Jan Gympel, ergeben sich schräge Zwiegespräche über Kino-, Stadt- und Filmgeschichte, während die Kamera zwischen Halensee und Wedding auf Lambertspuren spazieren geht. Die aktuellen City-West-Fassaden spiegeln den nicht mehr so hungrigen Blick, während das Archiv Lambertfilmszenen ausspuckt, in denen das schmutzige alte Westberlin im Kleinen fortwährend explodiert. Geilheit und Gemütlichkeit überblenden sich, eingeworfene Filmkritiken feiern den Underground-Zille, er selbst besucht das Neuköllner Kinomuseum und sagt, wenn er von 12 Plätzen und zwei Notsitzen hört: „Für meine Filme reicht das locker.“ Kinos wurden zu (Bio-)Supermärkten, die geliebten „Hausfrauennachmittage mit Altstars“ gibt es schon lange nicht mehr. Melodramen kauft Lambert heute beim Trödler auf DVD und denkt sich den Glamour um die Ecke. Biotope der Sehnsucht, Kieze ohne Schubladen, Hollywood, Ecke Hansaviertel – Berlin ist ein großes Glück für Lambert, und umgekehrt. Wer kein Geld hat, baut keine Kulissen, sondern dreht das Leben. Und wer keine Stars hat, der schafft sich seine Wahlfamilie aus spielwitzigen Kompliz*innen ohne Hoffnung auf Karriere. So sind über 40 Filme entstanden, die immer noch keiner kennt. Über ein Berlin, das bald niemand mehr kennt. Über den neuen Walter-Benjamin-Platz geraten Regisseur und Co-Autor dann doch in Streit. Wenigstens ein Springbrunnen, sagt Lambert. Ein Auftritt von Nilgün Taifun, Dieter Rita Scholl oder Ulrike S. würden ihn in den Boulevard der Dämmerung verwandeln.

Jan Künemund

Details

Originaltitel: Verdammt nochmal Berlin – Fucking City Revisited
Deutschland 2017, 117 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Lothar Lambert
Drehbuch: Lothar Lambert, Jan Gympel
Kamera: Lothar Lambert, Albert Kittler, Michael Sittner
Schnitt: Lothar Lambert
Musik: Albert Kittler
Verleih: Lambert Film
FSK: 16
Kinostart: 17.05.2018

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