Das Oeuvre des Filmemachers und Wissenschaftlers Joshua Oppenheimer ist überschaubar, doch zwei seiner drei Dokumentarfilme sind wegweisende Werke in der Kinolandschaft. ACT OF KILLING (2012) und THE LOOK OF SILENCE (2014) beschäftigten sich beide mit den systematischen Massenmorden unter Suharto in Indonesien (1965-1966), mit schätzungsweise 2-3 Millionen Opfern. In ACT OF KILLING ließ Oppenheimer die Täter ihre Taten nachstellen, während THE LOOK OF SILENCE die Perspektive der Opfer einnimmt. Beide Filme bieten eindrucksvolle Studien über menschliche Grausamkeit und Trauma.
Mit THE END wagt sich Oppenheimer nun an seinen ersten Langspielfilm, für den er ein derzeit beliebtes Genre auswählte: das Musical. Das Grundthema bleibt jedoch vertraut. Es geht um die menschliche Psyche unter extremen Bedingungen, diesmal inmitten einer Klima-Apokalypse.

THE END beginnt mit einem Zitat aus T.S. Eliots „Vier Quartette“ und einer Kamerafahrt, die durch eine Höhlenlandschaft in den luxuriösen Bunker einer Gruppe Überlebender führt. Die kleine, kapriziöse Gemeinschaft besteht aus einer Unternehmerfamilie, einer Familienfreundin, einem Arzt und einem Butler und lebt nach einer strikten Routine: die Galerie mit Meisterwerken pflegen, Biografien schreiben, gärtnern, Runden im Pool drehen und Katastrophenübungen durchführen. Doch der Anschein der Normalität gerät ins Wanken, als eine junge Frau auftaucht, die behauptet, die letzte Überlebende „von oben“ zu sein. Ihre Ankunft stürzt die Bewohner*innen in moralische Dilemmata. Das ist spannend inszeniert und in der surrealen Bunkerwelt visuell beeindruckend angesiedelt. Der Schwachpunkt des Films liegt in der Auswahl des Genres. Die Songs sind eher Standardnummern und fügen wenig hinzu.

Clarissa Lempp