Die Brüder Danny und Michael Phillipou sind eine Art australische Antwort auf die Daniels (Kwan und Scheinert, EVERYTHING EVERYWHERE ALL AT ONCE). Während die Daniels zunächst mit sehr extremen und sehr komischen Kurzfilmen geübt haben, waren die Phillipous mit ihrem anarchischen, hyperaktiven Youtube-Kanal „RackaRacka“ erfolgreich. Ihr erster Kinofilm TALK TO ME wird in den USA von der Produktions- und Verleihfirma A24 vertrieben, die auch die Filme der Daniels produziert. TALK TO ME ist ein Teen-Horrorfilm, der dem japanischen RINGU-Franchise ebenso Tribut zollt wie Polanskis Paranoia-Klassiker ROSEMARY’S BABY.
Mia (Sophie Wilde) ist seit dem Tod ihrer Mutter eine Außenseiterin in ihrer Schule. Sie verbringt viel Zeit mit ihrer Freundin Jade (Alexandra Jensen) und deren Familie, anderen erscheint sie als übermäßig anhänglich. In der Schule gibt es eine neue Sensation: Man trifft sich und beschwört die Toten mithilfe einer magischen, einbalsamierten Hand. Eine Person berührt die Hand, sagt „Talk to me“ und sieht einen halbverwesten Geist. Bei den Worten „I let you in“ ergreift der Geist Besitz von der Person. Nach neunzig Sekunden muss die Verbindung unterbrochen werden: „Sonst wollen sie bleiben“, sagt Obermacker Cole. Besessenheit als Super-Partytrick, der johlend mit dem Smartphone gefilmt wird. Das geht schief, als Mia und Jades kleiner Bruder Riley die Toten beschwören. Mia sieht von nun an ihre tote Mutter, Riley ergeht es schlimmer. Mia beginnt, den Verstand zu verlieren und kann Wirklichkeit, Traum und Geisterwelt nicht mehr unterscheiden.
TALK TO ME hat Drive und ein Gefühl für den Thrill und den Schrecken der Teenage-Grenzüberschreitung. Mias Intensität, ihre Suche nach Halt und ihr unbedingter Wille, etwas wieder gutzumachen, sind absolut überzeugend. Ein Teen-Horrorfilm, der Teenager ernstnimmt.

Tom Dorow