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Styx

Europa sieht zu

Rike, eine Rettungsärztin im Urlaub, will mit ihrer Segelyacht alleine von Gibraltar zum Ascensíon Island segeln. Nach einem Sturm sieht sie ein havariertes Boot mit Flüchtlingen neben sich treiben. Sie informiert die Küstenwache. Die empfiehlt ihr, fernzubleiben.

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STYX war der beste Film der letzten Berlinale. Wolfgang Fischer hat einen Film gedreht, der gleichzeitig relevant und filmisch umwerfend ist, einen Film mit Haltung, einer politischen und einer künstlerischen. Susanne Wolff ist Rike, eine Rettungsärztin im Urlaub, die mit ihrer Segelyacht alleine von Gibraltar zum Ascensíon Island segeln will – einer kleinen einst kargen Insel im Südatlantik, auf der Charles Darwin und Joseph Dalton Hooker Mitte des 19. Jahrhunderts ein funktionierendes Ökosystem anlegten. Mit einer Ruhe und Souveränität, die an Robert Redford in ALL IS LOST von J.C. Chandor erinnert, bereitet sich Rike auf die Reise vor, packt Trinkwasser in alle verfügbaren Stauräume und Proviant für Wochen. Jeder Handgriff sitzt und übt eine eigene Faszination aus. Wie Chandor verzichtet auch Fischer auf erzählerisches Beiwerk. Wir erfahren nichts über Rikes Hintergrund und verlassen nie den Ort der Handlung, das kleine Boot. Wir sehen einfach mit gebannter Faszination zu, wie sich die Gegenwart, die hier ohne Effekte auskommt, entfaltet. Rike segelt los Richtung Süden. Nach einiger Zeit funkt ein Frachtschiff sie an. Es wird Sturm geben, sie solle sich melden, wenn sie Hilfe braucht. Nach dem Sturm sieht Rike neben sich ein überladenes Boot mit Flüchtlingen treiben und informiert die Küstenwache. Die befiehlt ihr, sich fernzuhalten, um keine Panik auszulösen, und verspricht, Hilfe zu schicken. Rike bleibt vor Ort. Stundenlang kommt keine Hilfe und die Situation auf Flüchtlingsschiff verschlimmert sich zunehmend.
STYX ist konkretes, physisches Kino. Gedreht wurde auf dem Meer, bei realem Wetter, auf der kleinen Yacht. Begegnungen wie die, die Rike erlebt, ereignen sich so oder so ähnlich täglich. Gleichzeitig ist STYX ein politisches Manifest, das mit Wucht anklagt, dass Europa untätig bleibt, während die anderen den Fluss zur Unterwelt überqueren. Es ist aktueller denn je.

Hendrike Bake

Details

Deutschland/Österreich 2018, 94 min
Sprache: Englisch, Deutsch
Genre: Drama
Regie: Wolfgang Fischer
Drehbuch: Wolfgang Fischer
Kamera: Benedict Neuenfels
Schnitt: Monika Willi
Verleih: Zorro Film
Darsteller: Susanne Wolff, Gedion Wekesa Oduor, Alexander Beyer, Inga Birkenfeld
FSK: 12
Kinostart: 13.09.2018

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