Neue Notiz
Striche ziehen
Punk und Stasi
1986. Drei Freunde aus der DDR, die inzwischen in Westberlin leben, wollen die Mauer mit einem Strich markieren. Bei der Aktion wird einer von DDR-Grenzpolizisten verhaftet. War einer der drei ein Stasi-Verräter? Eine Spurensuche in der Punkszene in Weimar.
Striche ziehen: Ein Strich gezogen wird 1986 von einer Gruppe von Freunden, allesamt aus der DDR nach Westberlin gekommen, in Schulterhöhe entlang der Mauer. Die komplette Mauer soll so markiert, durchgestrichen werden, dazu sind sie mit Malerrolle, Farbeimern und Zelten angerückt. In der Nähe des Potsdamer Platzes, an einer Stelle auf der die Mauer beidseitig völlig auf DDR Gebiet liegt, stürzen drei Grenzpolizisten durch eine Tür, verhaften einen der Künstler, der daraufhin in Bautzen landet. Die Kunstaktion mit bitterem Ende ist eine Grundszene des Films, sein eigentliches Interesse gilt einer Verwicklung dahinter.
Als zwei an der Aktion beteiligte für eine Ausstellung recherchieren, stellt sich einer der Mitstreiter, Jürgen Onißeit, Bruder eines weiteren Mitglieds der Gruppe, als ehemaliger Zulieferer der Staatssicherheit heraus. Das war 2010, Gespräche hat es zwischen ihm und den anderen seither nicht mehr gegeben. In der filmischen Nachforschung konzentriert sich Kroske zunächst nicht auf das, was die anderen als Verrat empfinden müssen. Die Punkszene Weimars, aus der die Gruppe stammt, wird evoziert, das frühe Engagement, widerständig bis dadaistisch ("Macht aus dem Staat Gurkensalat") vermessen. Anfang der Achtziger Jahre. Es gibt die ersten Verhaftungen, und Onißeits Arbeit für die Stasi beginnt. Krose versucht ihn, so wie die andere Beteiligte zur (semi-) öffentlichen Reflexion zu bewegen. Um die Markierung einer Schuld, darin ist der Film ein Verwandter von Annekatrin Henkels ANDERSON, geht es STRICHE ZIEHEN weniger, als darum einen Raum zu öffnen in dem der Komplex Staatssicherheit in seinen biografischen Dimensionen jenseits der Kategorien gedacht werden kann, die sich die bundesdeutsche Öffentlichkeit post Wiedervereinigung dafür zurecht gelegt hat. Jürgen Onißeit, der als Wehrdienstverweigerer selber im Knast saß, hat dabei ein durchaus ambivalentes Verhältnis zum DDR-Staat. Kroskes Versuch sich als Katalysator in Onißeits Schweigen gegenüber seinen ehemaligen Freunden, nicht zuletzt seinem Bruder einzulassen erweist sich dennoch als schwierige Herausforderung. Der Strich, den dieser unter seine Biographie gezogen hat, ist ein anderer.
Deutschland 2014, 96 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Gerd Kroske
Drehbuch: Gerd Kroske
Kamera: Anne Misselwitz
Schnitt: Karin Gerda Schöning
Musik: Klaus Janek
Verleih: Salzgeber
FSK: oA
Kinostart: 23.04.2015
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