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Sibyl – Therapie zwecklos

Getriggerte Psychologin

Die Psychologin Sybil will sich eigentlich wieder aufs Schreiben konzentrieren, verwickelt sich stattdessen aber immer tiefer in den Fall einer jungen Patientin, der sie an eine eigene Beziehung erinnert.

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Bereits in Justine Triets VICTORIA – MÄNNER & ANDERE MISSGESCHICKE spielte Virginie Efira eine berufstätige Mutter am Rande des Nervenzusammenbruchs. In Triets jüngstem Film, SYBIL, wirkt sie dagegen auf den ersten Blick eher gut sortiert. Die Psychologin Sybil beschließt, ihre Patient:innen abzugeben und sich wieder aufs Schreiben zu konzentrieren, aber als das Telefon eines Nachts unermüdlich klingelt, geht sie doch ran. Am anderen Ende ist Margot (Adèle Exarchopoulos), eine junge Schauspielerin, die in eine Affäre mit ihrem Kollegen Igor (Gaspard Ulliel) verwickelt ist, der seinerseits ein Verhältnis mit der Regisseurin (Sandra Hüller) hat. Margot ist schwanger und weiß nicht, was sie machen soll. Der Fall triggert etwas in Sybil, und sie geht immer weiter auf Margots Vorschläge ein, trifft sich zu den unmöglichsten Zeiten und fährt sogar aufs Filmset – während sie in ihren eigenen Fantasien immer öfter Flashbacks zu einer vergangenen, wilden Beziehung erlebt. Triet schildert das Auseinanderfallen Sybils in einer abrupten Montage, die zwischen den Zeitebenen und Schauplätzen wild hin- und herspringt: Von der Therapiesession mit Margot zu einer Erinnerung an rauschende Nächte, zum Gespräch mit dem Supervisor, zu einer Szene in der heimischen Wohnung mit der schrägen Schwester und den Kindern, wieder zurück zu Margot, und immer wieder dazwischen sitzt Sybil am Laptop und tippt das frisch Erlebte in ihren neuen Roman. Umso wilder sich das abstruse Karussell dreht, von dem nicht ganz klar ist, ob es Komödie oder Drama ist, umso krasser werden die Grenzüberschreitungen, und umso mehr verliert Sybil die Kontrolle, die sie andererseits vielleicht auch nie wirklich hatte. Die vielleicht auch sonst niemand wirklich hat, denn obwohl Sybil das Zentrum ist, um das sich alles dreht, verrät ein Blick auf die Nebenfiguren, dass eigentlich alle gleichermaßen am Rad drehen.

Toni Ohms

Details

Originaltitel: Sibyl
Frankreich 2019, 100 min
Genre: Komödie, Drama
Regie: Justine Triet
Drehbuch: Arthur Harari, Justine Triet
Kamera: Simon Beaufils
Schnitt: Laurent Sénéchal
Verleih: Alamode Film
Darsteller: Virginie Efira, Adèle Exarchopoulos, Gaspard Ulliel, Sandra Hüller, Niels Schneider
FSK: 12
Kinostart: 16.07.2020

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IMDB

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