Magazin für unabhängiges Kino
Filmwecker
Filmnotiz

Neue Notiz

Die Verschwundene

Alle sind verhext

In einem Dorf nahe einem Gletscher ist eine Frau, die reiche Pariserin Evelyne Ducat, verschwunden. Moll erzählt ihre Geschichte nacheinander den Perspektiven von fünf Personen, die auf unterschiedliche Weise mit dem Verschwinden der Frau in Verbindung stehen.

Mehr

Die Konstruktion von Dominik Molls Film DIE VERSCHWUNDENE (OT: Seul les bêtes) ist so steil, dass nur ein Moment der Magie sie zusammenhält. Das verspricht bereits die erste Szene, in der ein junger Mann, der eine Ziege wie einen Rucksack auf den Rücken geschnallt hat, durch die Straßen von Abidjan fährt, um das Tier in einem Hotel bei „Papa Sanou“ abzuliefern. Dann wechselt die Szenerie in die französischen Berge. In einem Dorf nahe einem Gletscher ist eine Frau, die Pariserin Evelyne Ducat (Valeria Bruni Tedeschi), verschwunden. Moll erzählt ihre Geschichte nacheinander aus verschiedenen Perspektiven: der einer Sozialarbeiterin, die eine Affäre mit einem psychisch kranken Schäfer hat, den sie betreut. Dann aus der Perspektive des Schäfers, aus der des Ehemanns der Sozialarbeiterin, eines Rinderzüchters, der seine eigenen Geheimnisse hat. Eine junge Kellnerin ist in das Bergdorf gereist, weil sie glaubt, in Evelyn die Liebe ihres Lebens gefunden zu haben. Schließlich versucht der junge Armand in Abidjan mit allen Mitteln seine Freundin Brigitte zurückzugewinnen, die im Haus eines reichen, älteren Franzosen lebt.
Molls Film erzählt vom Imaginären der Liebe, das sein Objekt immer nur da findet, wo es dieses sehen will, nie wo es ist. Alle Liebe ist in diesem Film Verkennung und schließlich zerstörerische Selbstbezogenheit. Am Ende weiß ein Mann, dass das Objekt seiner Liebe nicht existiert, aber er liebt die Lüge so sehr, dass er an ihr festhält. Molls Film ist auf eine antiromantische Art schwärmerisch. Sein Mitleid mit den vielen gescheiterten Liebenden rettet den Film über einige Untiefen – den doch sehr dichterischen Blick auf psychische Erkrankungen, die überaus steile Konstruktion, die alle Figuren gegen alle Wahrscheinlichkeit in ihr Netz einspinnt – hinweg. Andererseits: hier sind eben alle verhext.

Hannes Stein

Details

Originaltitel: Seules Les Bêtes
Frankreich/Deutschland 2019, 116 min
Genre: Thriller, Krimi, Drama
Regie: Dominik Moll
Drehbuch: Dominik Moll, Gilles Marchand
Kamera: Patrick Ghiringhelli
Schnitt: Laurent Rouan
Musik: Benedikt Schiefer
Verleih: OVALmedia
Darsteller: Laure Calamy, Denis Menochet, Valeria Bruni Tedeschi, Damien Bonnard
FSK: 16
Kinostart: 07.10.2021

Website
IMDB

Vorführungen

Keine Programmdaten vorhanden.

ALLE ANGABEN OHNE GEWÄHR.
Die Inhalte dieser Webseite dürfen nicht gehandelt oder weitergegeben werden. Jede Vervielfältigung, Veröffentlichung oder andere Nutzung dieser Inhalte ist verboten, soweit die INDIEKINO BERLIN UG (haftungsbeschränkt) nicht ausdrücklich schriftlich ihr Einverständnis erklärt hat.