Neue Notiz
Plastic Fantastic
Schonungslos
Der Dokumentarfilm von Isa Willinger über Plastikmüll – von Abfallbergen bis zu Nanopartikeln - ist schonungslos, umfassend und hervorragend inszeniert.
Irgendwann in der zweiten Hälfte von PLASTIC FANTASTIC macht ein Anwalt für Umweltrecht alle noch verbliebenen Hoffnungen zunichte: „Plastik ist die Wachstumsstrategie der Öl- und Gasindustrie.“ Darauf folgt eine lange Kamerafahrt durch nagelneue Cracking-Anlagen von Shell, ExxonMobil und Co. Die Versprechungen der Lobbyist*innen der Plastikindustrie von Abfallvermeidung und Recyclingverfahren lösen sich damit in giftigen Rauch auf. Leider wirkt auch die Suche nach verträglichen Alternativen im Hamburger Startup „Traceless“ wie ein aussichtsloser Kampf gegen diese Ungetüme in der texanischen Wüste.
Der Dokumentarfilm von Isa Willinger ist schonungslos, umfassend und hervorragend inszeniert. Er zeigt das sichtbare Problem der Müllberge, das unsichtbare Problem der Mikro- und Nanoplastikpartikel, die durch jeden Organismus, jedes Organ, jede Zelle wandern, und er zeigt das mit aller Macht verborgene Problem der immer höheren Produktion von Plastikartikeln bei steigenden Abfallbergen – nicht nur im globalen Süden, sondern auch feinsäuberlich aufgeschichtet in deutschen Salzbergwerken. Abfall, der so toxisch und haltbar ist, dass er mit Atommüll um das lebensverachtendste Vermächtnis der Menschheit konkurriert. Die einzige Komplikation, die FANTASTIC PLASTIC scheut, ist das sogenannte Bioplastik, eine trügerische Bezeichnung für unterschiedlichste Materialien, die nur teilweise abbaubar sind und nur teilweise nicht aus Erdöl hergestellt werden. Doch auch so ist es ein Wunder, wie PLASTIC FANTASTIC durch kluge Schnitte und eine breite Auswahl an Interviewpartner*innen den Kampf um narrative Vorherrrschaft über das komplexe, allumfassende Problem der Kunststoffe zeigt, ohne die unmittelbare Realität der von Gesundheitsschäden und Verlust ihrer Lebensgrundlage Betroffenen zu vergessen.
Deutschland 2023, 101 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Isa Willinger
Drehbuch: Isa Willinger
Kamera: Julian Krubasik, Felix Pflieger
Schnitt: Lena Hatebur
Musik: Damian Scholl
Verleih: mindjazz Pictures
Kinostart: 25.01.2024
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