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Men – Was Dich sucht, wird Dich finden

In MEN schickt Alex Garland Jessie Buckley als trauernde Witwe mit schlichter, dunkel Kurzhaarfrisur auf einen Solo-Urlaub in einem englischen Landhaus. Dort wird sie von verschiedenen, unangenehmen Männern so boshaft wie jovial bedrängt.

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Harper fährt aufs Land und mietet sich im kleinen Dorf Cotson für zwei Wochen ein luxuriöses Herrenhaus. Dass sie dort nur wenige Menschen zu Gesicht bekommen wird, ist ihr ganz recht. Auf langen Wanderungen durch die umliegenden Wälder hofft die junge Frau (Jessie Buckley) das traumatische Ende ihrer Ehe zu verarbeiten, bei dem ihr Mann während eines Streits zu Tode kam. Doch schon auf dem ersten Spaziergang begegnet Harper in einem stillgelegten Eisenbahntunnel ein animalisch kreischender Nackter (Rory Kinnear), der sie verfolgt und kurz darauf vor der Tür ihres Ferienhauses steht. Und auch wenn die Polizei den Mann festnehmen kann, bevor Harper mehr als einen Schrecken davonträgt, ist sie noch lange nicht so beruhigt, wie die Männer aus dem Dorf, mit denen sie darüber redet, sie gerne hätten. Ab hier eskaliert die Situation und Harper steht eine Nacht bevor, die zu einem wahren Albtraum wird.

Drastisch ausgedrückt hat MEN nur eine sehr knappe Handlung und im Zentrum einen durch einen Besetzungsgimmick kreativ dargestellten, aber reichlich plakativen feministischen Subtext. (Der Trailer und die Pressefotos verstecken den Gimmick nicht, aber ihn erst während des Films zu entdecken, ist der bessere Weg). Zu sagen, dass der Film auf die Hälfte gekürzt noch fast genauso aussagekräftig wäre wie er es jetzt ist, ist nicht ganz falsch, aber irreführend. Die Handlung wäre dieselbe, aber MEN brilliert nebenbei durch seine Atmosphäre. Das beginnt mit dem übersättigtem Grün der Wälder, in denen Harper kurzzeitig ihren, in einen roten Schleier getauchten, traumatischen Erinnerungen entkommen kann. Sobald die vermeintliche Idylle aber ins Bedrohliche kippt, unterbricht Alex Garland (EX MACHINA) Harpers Geschichte immer wieder durch lange Einstellungen, in der farbiges Licht über okkulte Symbole spielt und ein Charakter stückweise eine Verwandlung vollzieht. Diese Szenen erinnern an die experimentelleren Filme von David Lynch und an THE GREEN KNIGHT (2020) und bereiten ein Finale vor, das für offene Münder und verstörtes Winden im Kinosessel sorgen dürfte. Mit etwas Hintergrundwissen über die Bedeutung der Symbole erschließt sich im Nachhinein dann aber ein schlüssiges und erstaunlich optimistisches Ende für Harper.
MEN wird polarisieren und hätte sicherlich noch Potenzial für eine subtilere/differenziertere Bearbeitung der angeschnittenen Themen. So ist der Film aber bereits ein Kinoerlebnis, das noch lange nachwirkt und für Gesprächsstoff sorgt.

Christian Klose

Details

Originaltitel: Men
USA 2022, 100 min
Sprache: Englisch
Genre: Drama, Science Fiction, Horror
Regie: Alex Garland
Drehbuch: Alex Garland
Kamera: Rob Hardy
Schnitt: Jake Roberts
Musik: Geoff Barrow, Ben Salisbury
Verleih: Koch Films
Darsteller: Jessie Buckley, Rory Kinnear, Paapa Essiedu
FSK: 16
Kinostart: 21.07.2022

Website
IMDB

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