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Freies Land

Schurkereien im Oderbruch

Christian Alvarts Remake des spanischen Thrillers LA ISLA MINIMA (2014) spielt im Oderbruch 1992. Ein West-Kommissar und ein Ost-Kommissar teffen sich, um eine Mordserie an jungen Mädchen aufzuklären.

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Christian Alvarts FREIES LAND ist ein Remake des spanischen Thrillers LA ISLA MINIMA (2014) von Alberto Rodríguez Librero, der vor fünf Jahren den Goya als bester spanischer Film gewann und für den Auslands-Oscar nominiert wurde. Das Original spielt in den Sumpflandschaften des Guadalquivir-Deltas südlich von Sevilla kurz nach Ende des Franco-Faschismus und vor dem Putschversuch der Guardia Civil. Alvart verpflanzt die Geschichte in den Oderbruch 1992. Alvarts Film übernimmt dabei selbst Einstellungsfolgen des Originals, etwa die beeindruckenden Kamerafahrten über die Sumpflandschaften und eine Verfolgungsfahrt über Marschwiesen und Binnendeiche. Aber die Idee, die spanische Situation von 1980 mit der in Ostdeutschland 1992 gleichzusetzen, führt hier zu größerem Unfug. So hängen hier in den Hotelzimmern und in Telefonzellen Parolen in Frakturschrift, die eher aus der Nazizeit stammen. „Fasse dich kurz!“, „Die Arbeiterklasse ist uns teuer!“. Die SED benutzte weder Frakturfonts, noch imaginierte sie eine Trennung zwischen sich selbst und der Arbeiterklasse. Teuer umworben wurden die Arbeiter dagegen von den Nazis. Man könnte das Detail für einen Fauxpas der Ausstattung halten, wenn der Film nicht auch eine Geschichte aus dem Faschismus erzählen würde, aber so tut, als sei die Stasi-Praxis mit der Gestapo- oder Guardia Civil-Praxis identisch, was mindestens problematisch ist. Auch die katholisch-strengen Moralvorstellungen der postfaschistischen spanischen Gesellschaft scheinen in der sexuell freizügigen DDR fehl am Platz. Wer da nicht so pingelig ist, der findet eine deftige Genre-Story vor, in der sich ein West-Kommissar (sensibel, still, kann nicht schießen, hat aber viel Sex) und ein Ost-Kommissar (brutal, Wurst, Bier, finstere Vergangenheit, krank) in der winterlichen Ödnis des Oderbruchs treffen, um eine Mordserie an jungen Mädchen aufzuklären.

Tom Dorow

Details

Deutschland 2018/2019, 128 min
Sprache: Deutsch
Genre: Krimi, Drama
Regie: Christian Alvart
Drehbuch: Christian Alvart
Kamera: Christian Alvart
Schnitt: Marc Hofmeister
Verleih: Telepool
Darsteller: Trystan Pütter, Felix Kramer, Nora von Waldstätten, Marius Marx, Leonhard Kunz, Marc Limbach
FSK: 16
Kinostart: 09.01.2020

Website
IMDB

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