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Die feine Gesellschaft

Geniale Groteske

Bruno Dumonts in den 1910er Jahren in der Normandie angesiedelte Sommerfrischler-Farce fühlt sich ein wenig so an wie Monty Pythons „Upper Class Twit of the Year“-Sketch als zweistündige Kostümkomödie mit Inzest und Kannibalen.

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Mit seinem neuen Film DIE FEINE GESELLSCHAFT kehrt Bruno Dumont an die Côte d’Opale in der Normandie zurück, wo bereits seine Filme HORS SATAN und die Fernsehserie KINDKIND spielten. DIE FEINE GESELLSCHAFT fühlt sich ein wenig so an wie Monty Pythons „Upper Class Twit of the Year“-Sketch als zweistündige Kostümkomödie mit Inzest, Kannibalen und einem wesentlich bizarreren, sehr eigenartigem Humor. Wer eine dieser harmlosen, mehr oder weniger flott durcherzählten französischen Komödien erwartet, wird mit DIE FEINE GESELLSCHAFT nicht viel anfangen können. Dumonts Filme sind immer auch zäh, aber geil. Hier treibt er die Zähigkeit auf die Spitze einer fast pointenlosen Komik, die gelegentlich in hemmungslosen Klamauk eskaliert.

In einer sumpfigen Bucht an der Mündung eines kleinen Flusses liegt, auf dem Festland über den Dünen thronend, das „Typhonium“, eine Villa im „neo-ägyptischen Stil“, im wirklichen Leben vom Malerehepaar Adrien Demont und Virginie Demont-Breton Ende des 19. Jahrhunderts erbaut. Im Film ist das Jahr 1910 und das „Typhonium“ ist der Feriensitz von André Van Peteghem (Fabrice Lucini) einem debil grinsenden Oberschichtstrottel, seiner permanent pikierten Ehefrau Isabelle (Valeria Bruni Tedeschi), seiner schwärmerisch-psychotischen Schwester Isabelle (Juliette Binoche), und den gemeinsamen Kindern: den dummköpfigen Zwillingen und der/dem hübschen, androgynen Billie, der/die ein Geschlechterverwirrspiel spielt. Man hat sich bemüht, „das Blut rein“ zu halten, und hadert nun ein wenig mit dem Schicksal, was aber weniger problematisch erscheint, als das dumme Personal, das gelegentlich von der falschen Seite serviert. Den Van Peteghems gegenüber steht die Muschelsammlerfamilie der Bruforts, die als Nebenbeschäftigung reiche Touristen über den Fluss tragen. Wenn sie gerade Hunger haben und die Touristen lecker aussehen, schlachten sie die reichen Leute und fressen sie auf. „Möchte jemand noch etwas Fuß? Auch keinen kleinen Zeh?“

Nun gibt es einerseits eine Ermittlung des sehr dicken Polizisten Machin und seines dünnen Kollegen Malfoy, denen es immerhin gelingt festzustellen, dass Leute verschwinden. Andererseits gibt es eine Art tragische Liebesgeschichte zwischen Billie und dem Brufort-Sohn Ma Loute („mein Schwanz“, deutsch ganz hübsch zweideutig als „Lümmel“ übersetzt). Aber irgendeine Handlung im herkömmlichen Sinne ist Dumont vollkommen egal. Wichtiger sind Bilder und Wiederholungen als subversive politische Gags, die an das Kino von 1910 erinnern. Der dicke Machin fällt immer wieder vor einem Beweisstück auf die Nase - und das wird so lange durchexerziert, bis die Wiederholung selbst den Gag längst ersetzt hat. Gute alte Clownstechnik, hier allerdings extrem gedehnt und verlangsamt, die entweder zu Dauerkichern oder zum Nervenzusammenbruch führen kann.

Tom Dorow

Details

Originaltitel: Ma loute
Deutschland/Frankreich 2015, 100 min
Sprache: Französisch
Regie: Bruno Dumont
Drehbuch: Bruno Dumont
Kamera: Guillaume Deffontaines
Schnitt: Bruno Dumont, Basile Belkhiri
Verleih: Neue Visionen
Darsteller: Fabrice Luchini, Juliette Binoche, Jean-Luc Vincent, Valeria Bruni Tedeschi
Kinostart: 26.01.2016

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