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Der Exorzist: Bekenntnis

Nostalgischer Schreck-Spuk

Das Team um David Gordon Green, das auch schon die letzte HALLOWEEN-Triologie bearbeitete, schafft es nicht, die Subtilität des Originals zu erreichen, das trotz des weltfremden Themas aus einer dunklen Ecke des Katholizismus die Zeit widerzuspiegeln schien.

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Der Teufel lebt noch unter uns. Vor genau einem halben Jahrhundert schrieb DER EXORZIST Filmgeschichte und ist jetzt mit einer Neuverfilmung zurück. Nach einem tragischen Unglück während einer Haiti-Reise mit seiner Frau kehrt Viktor (Leslie Odom Jr.) als alleinerziehender Vater in die USA zurück. 13 Jahre später verschwindet seine Tochter Angela (Lidya Jewett) mit ihrer Freundin Katherine (Olivia O’Neill) im Wald. Als die Teenagerinnen nach drei Tagen unvermittelt wieder auftauchen, können sie sich an nichts erinnern und entwickeln bald immer bizarrere Wesensänderungen. Fieldings Nachbarin (Ann Dowd), eine katholische Krankenschwester, bringt ihn schließlich dazu, sich an die Frau zu wenden, die 50 Jahre zuvor selbst mit dem Teufel um ihr Kind kämpfte: Chris MacNeil.

DER EXORZIST war 1973 ein Phänomen und hat bis heute Kultstatus. Monatelang war die Öffentlichkeit, der Wortwitz muss sein, von diesem Film besessen. Massen strömten in die Kinos, bis heute ist er in den Top Ten der Publikumserfolge. Die Filmkritik analysierte ihn soziologisch, politisch, theologisch und feministisch und ehrte ihn schließlich mit dem ersten Oskar für einen Horrorfilm. Dazu Aufführungsverbote, Zensuren und Nachrichten über Set-Unfälle, die dem Film die zusätzlichen Prädikate „Skandal“ und „verflucht“ verliehen. Selbstverständlich sind da die Erwartungen an ein Remake hoch.

Der Kampf Gut gegen Böse, gehüllt in ausreichend gruselige Spezialeffekte, ist auch in DER EXORZIST – BEKENNTNIS die Basis. Zwar tauchen altbekannte Charaktere auf, u.a. Ellen Burstyn als Chris MacNeil, mit einem neuen Drehbuch sollte aber viel mehr fortgeführt als wiederholt werden. Eigentlich ein guter Ansatz, aber das Team um David Gordon Green, das auch schon die letzte HALLOWEEN-Triologie bearbeitete, schafft es nicht, die Subtilität des Originals zu erreichen, das trotz des weltfremden Themas aus einer dunklen Ecke des Katholizismus die Zeit widerzuspiegeln schien – die Angst vor der Auflösung konservativer Lebensmodelle, in denen Religion und Familie den Mittelpunkt darstellten, und eine antiquierte Männerwelt, die den weiblichen Körper auch mit Gewalt gegen ihn „errettet“. Stattdessen bietet die Neuverfilmung stereotyp anmutende Motive und Charaktere, die in einem bis zu Verkitschung inszenierten Paradigma gefangen sind. Dabei hätte die Einführung der Schwarzen Familie Fielding in das bisher weiße Exorzisten-Universum mehr zu bieten als die Anspielungen auf afro-diasporische Religionsgeschichte, die an einer Tür kratzen, die aber nicht geöffnet wird. Gute Vorbilder rassismuskritischen Black Horrors gäbe es heute zu genüge, zum Beispiel Jordan Peeles GET OUT.

Dass sozialkritischer Horror möglich ist, ist ein Vermächtnis des Originals. Leider bleibt die Neuverfilmung auf allzu sicherem Boden mit nostalgischem Schreck-Spuk, der zeitgeistfern und leer wirkt.

Clarissa Lempp

Details

Originaltitel: The Exorcist: Believer
USA 2023, 121 min
Genre: Horror
Regie: David Gordon Green
Drehbuch: David Gordon Green
Kamera: Michael Simmonds
Schnitt: Timothy Alverson
Verleih: Universal Pictures
Darsteller: Jennifer Nettles, Ellen Burstyn, Ann Dowd, Leslie Odom Jr., E.J. Bonilla
Kinostart: 05.10.2023

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