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Benedetta

Mystisch, sexy und pervers

BENEDETTA ist auch ein erotischer Nonnen-Schocker, ohne Zweifel. Aber in seiner Verfilmung des Lebens der Mystikerin Benedetta Carlini nimmt Paul Verhoeven sowohl deren Visionen als auch die religiöse Bedeutung ihrer sexuellen Beziehung zu der Novizin Bartolomea ernst.

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BENEDETTA ist auch ein erotischer Nonnen-Schocker, ohne Zweifel. Ein heterosexueller Mann, der lesbische Nonnen filmt, ist zunächst verdächtig, und Verhoevens Blick ist deutlich ein männlicher. Aber in seiner Verfilmung des Lebens der Mystikerin Benedetta Carlini nimmt Paul Verhoeven sowohl deren Visionen als auch die religiöse Bedeutung ihrer sexuellen Beziehung zu der Novizin Bartolomea ernst. Vieles bleibt im Ungewissen, etwa ob sich Benedetta die Stigmata, die immer zu strategisch günstigen Zeitpunkten an ihrem Körper erscheinen, selbst zugefügt hat, ob sie in Trance mit der Stimme eines Engels oder Gottes spricht, oder einfach die Stimme verstellt. Verhoeven ist es egal, ob Benedetta ihre Umgebung täuscht, er interessiert sich für ihre Wahrheit.
Benedetta Carlini (Virginie Efira) wird mit neun Jahren in ein Kloster gebracht. Unterwegs rettet sie die Familie vor Räubern, indem sie die heilige Jungfrau anruft und behauptet, das Vogelgezwitscher im Baum sei die Stimme der Jungfrau. Ihre Beziehung zu Jesus bleibt auch als Erwachsene intensiv, zugleich privat und öffentlich – und erotisch. Ihr persönlicher Jesus erscheint ihr in Träumen und Visionen, bald als Rächer, der Schurken die Köpfe abschlägt, bald als Schmerzensmann, der die Nähe zu ihr im Leiden sucht. Wenn Benedetta während einer Untersuchung des päpstlichen Probstes sagt, ihre Beziehung zu Bartolomea sei durch die gleiche Liebe geprägt, die sie zu Jesus verspüre, ist das nicht gelogen. Der Genuss der religiösen Ekstase und der sexuellen Verbindung sind für Verhoeven identisch, und gleichermaßen mystisch, sexy und pervers. Aber anders als moderne Mystiker der Transgression wie Georges Bataille findet Verhoeven darin weniger eine existentielle Erfahrung, als Lust und Vergnügen.

Tom Dorow

Details

Frankreich 2021, 131 min
Genre: Historienfilm, Drama, Liebesfilm
Regie: Paul Verhoeven
Drehbuch: David Birke, Paul Verhoeven
Kamera: Jeanne Lapoirie
Schnitt: Job ter Burg
Musik: Anne Dudley
Verleih: Capelight Pictures
Darsteller: Charlotte Rampling, Lambert Wilson, Virginie Efira, Olivier Rabourdin
FSK: 16
Kinostart: 02.12.2021

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