Magazin für unabhängiges Kino

Feature

Filme für die Kinopause: Bliss

Ironiefrei Retro

Zurück in die 90er: Wir haben unsere Autor:innen, die Indie-Kinobetreiber:innen und Mitstreiter:innen aus der Branche nach Filmtipps für unsere Leser:innen gefragt. Carmen vom b-ware!ladenkino empfiehlt, den psychedelischen Retro-Horrortrip BLISS nachzuholen, der Ende Februar ins Kino kam und dann von Corona voll erwischt wurde.

Unser Autor Christian Klose hat damals Folgendes geschrieben:
Für Menschen, die wie ich in den späten 1990ern viele direct-to-video Horrorfilme geschaut haben, bietet BLISS ein interessantes Suchspiel: Ist dies wirklich ein aktueller Film? Außer einer modernen Nutzung von „Hipster“ als Beleidigung und einer Sexszene, die 1998 wahrscheinlich noch etwas zurückhaltender gedreht worden wäre, gibt es keine Anhaltspunkte, dass der Film nicht aus dem letzten Jahrhundert stammt. Diese Unklarheit dürfte gewünscht sein, da Joe Begos den Film auf Super-16 mit allen seinen Macken gedreht hat. Die Szenen spielen in wenigen Wohnräumen, Kneipen und Clubs voller Menschen in Leder und Sonnenbrillen, zwischen denen die Malerin Dezzy (Dora Madison, DEXTER) in ihrem Vintage-Cabriolet über die Highways von L.A. fährt. Alles ist in starken Farben beleuchtet oder durch Farbfilter gedreht, und jeder Innenraum kennt nur die Zustände „hart ausgeleuchtet“ und „voller ominöser Schatten“. Hier verlässt Dezzy die Realität, in der sie sich mit mit einer Malblockade und drohender Wohnungslosigkeit herumschlägt, und erlebt durch eine neue Superdroge immer extremere Fragmente eines Höllentrips. Ihre Wachphasen sind schon bald sehr blutig, aber dafür vollendet sie während der folgenden Blackouts Stück für Stück das Gemälde, an dem sie vorher lange scheiterte. So könnte es bis zur Vernissage fertig sein, aber je mehr sich das Bild in seiner infernalischen Glorie zeigt, desto wahrscheinlicher ist es, dass für die Inspiration ein Preis zu zahlen ist. Auf diese Thematik, Ästhetik und die Erzählweise muss man sich einlassen, aber nicht erst bei einer Hommage an Raimis EVIL DEAD ist klar, dass das Team hinter dem Film viel Liebe für die alten B-Movies der späten VHS-Tage empfindet und sie so ironiefrei reproduziert, dass es ehrlich und nicht einfach ein peinlicher Abklatsch wird.