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Zustand und Gelände

„Wilde“ Konzentrationslager

Der Dokumentarfilm ZUSTAND UND GELÄNDE besteht fast ausschließlich aus Original-Dokumenten und Berichten über frühe Konzentrationslager in Sachsen und die Geschichte des Umgangs mit diesen Orten in der DDR und nach 1990. Goldene Taube beim Dok Leipzig.

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Unmittelbar nach der Reichstagswahl am 5. März 1933 begannen die Nazis mit Verhaftungen vor allem von Sozialdemokraten, Kommunisten und Gewerkschaftern. Es entstanden „wilde“ Konzentrationslager, in denen sogenannte „Schutzhäftlinge“ gefangen gehalten, geprügelt und gefoltert wurden. In Sachsen, wo die organisierte Arbeiterbewegung besonders stark war, gab es besonders viele dieser frühen Lager. Der Dokumentarfilm ZUSTAND UND GELÄNDE besteht fast ausschließlich aus Original-Dokumenten und Berichten über diese frühen Lager und die Geschichte des Umgangs mit ihrer Geschichte in der DDR und nach 1990. Die Kamera zeigt die Orte der Verbrechen: Turnhallen, Clubhäuser, Kantinen, Biergärten, Schlösser, später Fabrikgebäude, die von Nazi-Fabrikanten zur Verfügung gestellt wurden. Die Lager und Verhaftungen beginnen mit Überfällen von SA-Schlägertrupps auf Einrichtungen wie Naturfreundehäuser und Jugendherbergen, die zu Lagern umgewidmet werden. Noch im März sind Polizeibehörden willige Vollstrecker der Verhaftungen. Die wilden Lager sind den Nazi-Behörden bald nicht mehr diskret genug. In Reichenbach, wo in einem „Volkshaus“ am Markt 5 gefoltert wird, sind nachts die Schreie der Geschlagenen in der Stadt zu hören. Die nationalsozialistischen Frauen stiften ein Kissen, das den Gefolterten beim Prügeln ins Gesicht gedrückt wird. Später werden die „Schutzhäftlinge“ in größere Konzentrationslager verlegt. In der DDR werden nach dem Krieg Gedenkstätten errichtet, die nach 1990 oft umgewidmet werden und statt den Opfern des Faschismus nun alle Opfer „von Krieg und Gewaltherrschaft“ ehren sollen. Es entsteht das Bild einer unter der Oberfläche des Alltags drängenden Geschichte, die sich auch in dem anhaltenden Nazi-Terror in Sachsen offenbart. ZUSTAND UND GELÄNDE gewann die Goldene Taube im deutschen Wettbewerb beim DOK Leipzig. Ein Film wie ein realer Alptraum.

Tom Dorow

Details

Deutschland 2019, 119 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Ute Adamczewski
Drehbuch: Ute Adamczewski, André Siegers
Kamera: Stefan Neuberger
Schnitt: Ute Adamczewski
Verleih: Grandfilm
Kinostart: 17.06.2021

Website
IMDB

Vorführungen

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