Magazin für unabhängiges Kino
Filmwecker
Filmnotiz

Neue Notiz

Una Primavera

Privat & politisch

Valentina Primavera hat einen sehr privaten und zugleich außerordentlich politischen Film über ihre Familie gedreht: Nach über 40 Ehejahren hat ihre Mutter Fiorella ihren Mann verlassen, doch der Weg in ein neues Leben ist schwierig.

Mehr

Valentina Primavera hat einen sehr privaten und zugleich außerordentlich politischen Film über ihre Familie gedreht. Sie hat damit angefangen, als ihre Mutter Fiorella aus der italienischen Kleinstadt, in der sie seit ihrer Kindheit lebt und drei Kinder großgezogen hat, zu Valentina nach Berlin geflüchtet ist. Nach über 40 Ehejahren hat Fiorella ihren Mann verlassen. Valentina möchte diesen Umbruch, sie nennt es „einen Moment der Tapferkeit“, festhalten. Nach einigen Wochen reist Fiorella zurück und reicht die Scheidung ein. Valentina begleitet sie zum Gericht, in die neue Wohnung und ins alte Haus, um dort Sachen abzuholen, und Fiorella gestattet es, dass ihre Tochter dabei auch Momente der Schwäche, der Verzweiflung und des Zauderns filmt. Zunächst ist da vor allem Wut. Unter Tränen erzählt Fiorella im Auto auf dem Weg zum Gericht, wie sie mit 19 geheiratet hat und dann schwanger und vom Ehemann verprügelt bei ihren Eltern saß, wie die sie immer wieder zu ihm zurück geschickt haben, wie es dann so weiter ging mit drei Kindern und keinem Ausweg. Wieder und wieder verwünscht sie Bruno. Doch später kommen Bedenken hinzu. Hätte sie wirklich das Haus, in dem sie Jahrzehnte gelebt, das sie selbst entworfen hat, aufgeben sollen? Was macht sie nun einsam in der neuen Wohnung? In das alte Leben will sie nicht zurück, aber ein neues zeichnet sich nicht ab. Vor allem deshalb nicht, weil ihr ganzes Umfeld sie zurück in die alte Rolle zu drängen scheint. Es ist ihre Entscheidung, heißt es bei den Frauen – aber nun soll sie sich auch nicht beschweren. Das eigentliche Opfer ist hier doch Bruno, sagen die Männer der Familie. Es wird bedrückend klar, dass ein Moment der Tapferkeit nicht ausreicht, um das zähe patriarchale Familiengefüge umzuformen, das wie ein Gummiball immer wieder in seine alte Form zurück will. Es bräuchte Tausende Momente – und die Bereitschaft auch der anderen Familienmitglieder für eine Veränderung.

Hendrike Bake

Details

Österreich/Deutschland/Italien 2018, 80 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Valentina Primavera
Drehbuch: Federico Neri, Valentina Primavera
Kamera: Valentina Primavera
Musik: Macarena Solervicens
Verleih: Fugu Filmverleih
FSK: 12
Kinostart: 02.01.2020

Website
IMDB

Vorführungen

Filter
Multiplexe anzeigen

ALLE ANGABEN OHNE GEWÄHR.
Die Inhalte dieser Webseite dürfen nicht gehandelt oder weitergegeben werden. Jede Vervielfältigung, Veröffentlichung oder andere Nutzung dieser Inhalte ist verboten, soweit die INDIEKINO BERLIN UG (haftungsbeschränkt) nicht ausdrücklich schriftlich ihr Einverständnis erklärt hat.