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Uferfrauen – Lesbisches L(i)eben in der DDR

Festhalten

Barbara Wallbraun zeichnet in Interviews mit sechs Protagonistinnen ein vielfältiges, berührendes, oftmals erschütterndes Bild lesbischer Liebe in der DDR.

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Pat betritt zum ersten Mal seit jener Nacht die Dachgeschosswohnung in dem kleinen Ort Groß Stieten, im Nordwesten von Mecklenburg-Vorpommern. Hier hat sie mit dem Mädchen vom Jugendwerkhof „eine wundervolle Liebesnacht verbracht“, als Parteifunktionäre die Tür eintraten und sich ihr Leben für immer veränderte. Wenn sie von ihrer ersten Liebe erzählt, leuchten ihre Augen. Erinnert sie sich an die Ungerechtigkeit, die ihr widerfuhr, brüllt sie ihre Wut in den leeren Raum. Auch mit Anfang Fünfzig ist der Schmerz noch spürbar.
Vor der Kamera von Barbara Wallbraun spricht sie zum ersten Mal darüber. Die Leipzigerin hat mit UFERFRAUEN ihr dokumentarisches Langfilmdebüt gedreht, weil sie selbst überrascht war, wie wenig über die Liebe zwischen Frauen in der DDR bekannt ist. Aufzeichnungen und Filme gab es kaum. Das Thema wird erst langsam aufgearbeitet. Wallbraun wollte einen Teil dazu beitragen und die persönlichen Geschichten festhalten, bevor sie in der Zeit verloren gehen. Wie sah es aus, das Leben in der DDR, in der es für die Frauen keine Möglichkeit gab, sich auszutauschen? Wie fühlt sich eine Frau, die Liebe zu Frauen empfindet, aber niemand fand, der diese Gefühle erwidern konnte?
Barbara Wallbraun zeichnet in Interviews mit sechs Protagonistinnen ein vielfältiges, berührendes, oftmals erschütterndes Bild lesbischer Liebe in der DDR. Neben Pat sind da Christiane aus Berlin, Carola aus Dresden, sowie Elke und das Langzeit-Paar Sabine und Gisela aus Sachsen-Anhalt. Geschichten von einem stillen Coming-Out, einem geheimen Kennenlernen, erster Liebe und der Konfrontation mit einem Staat, der diese Liebe nicht zuließ. Die Frauen vor der Kamera sind überraschend offen und ehrlich und geben ihrer Generation ein Gesicht. Ihre Erzählungen gehen zu Herzen und bleiben lebendig.

Lars Tunçay

Details

Deutschland 2019, 121 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Barbara Wallbraun
Drehbuch: Barbara Wallbraun
Verleih: déja-vu Film
FSK: 12
Kinostart: 03.09.2020

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