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Touched

Intimität und Abhängigkeit

Mit großer Intimität erzählt Claudia Rorarius die Liebesgeschichte zwischen einer Pflegerin und ihrem querschnittsgelähmten Klienten.

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TOUCHED lässt sich Zeit, für jede Geste und jede Berührung, die zwischen der Krankenpflegerin Maria (Isold Halldórudóttir) und ihrem Patienten Alex (Stavros Zafeiris) stattfindet. Und es dauert nicht lange, bis die Beziehung der beiden den rein beruflichen Rahmen verlässt. Ab dem Moment bekommt ihre Intimität eine problematische Doppeldeutigkeit. So zögert Maria nicht, wenn sie Alex während der Körperreinigung am Glied anfasst, im nächsten Augenblick führt sie ihn zum Orgasmus. Claudia Rorarius' naturalistischer Spielfilm ist ein, an sich berechtigtes, Plädoyer für das Recht auf Sexualität für jeden. Indem sie aber als Schauplatz den Klinikkontext wählt, kommt die Dimension eines ungleichen Machtverhältnisses dazu. Maria lernt Alex in einer labilen Lebensphase kennen. Einer anderen Pflegerin wäre es vielleicht nicht gelungen, ihn emotional derart aufzufangen, doch im Grunde drängt sie sich ihm auf. Zur körperlichen Abhängigkeit kommt eine emotionale. Der Film blendet diesen Aspekt nicht ganz aus, aber konzentriert sich auf die Darstellung der sexuellen Erfahrung der beiden Protagonisten. Nichts ist geschönt, weder die körperliche Behinderung der männlichen Hauptrolle, die von Stavros Zafeiris, einem griechischen Tänzer, der wirklich im Rollstuhl sitzt, gespielt wird. Noch entspricht Modell und Influencerin Isold Halldórudóttir, die auch Laiendarstellerin ist, dem gängigen Schlankheitsideal. Dagegen ist grundsätzlich nichts zu sagen. Die schauspielerische Leistung ist zudem bemerkenswert souverän. Doch die Bilder sind derart krude, dass der Verdacht aufkommt, dem Film ginge es mehr um Provokation als um die Sache selbst. Die Suche nach einer maximalen Authentizität hat einen voyeuristischen Beigeschmack. Mit einer Länge von über zwei Stunden fällt der Stoff zudem etwas dünn aus.

Teresa Vena

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