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The Last Movie

Sex und Macht und koloniales Gehabe

Nach dem Erfolg von EASY RIDER konnte Dennis Hopper 1971 für Universal machen, was er wollte. Mit THE LAST MOVIE drehte er in den peruanischen Anden einen wilden Film über imperiale und männliche Arroganz, der den Kritiker-Preis in Cannes gewann, aber beim Publikum unterging.

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1971 drohte dem Kino mal wieder die junge Generation verloren zu gehen. Universal Pictures beschloss, fünf Filme mit einem Budget von unter einer Million Dollar von jungen Regisseuren drehen zu lassen, darunter heutige Klassiker wie Monty Hellmans TWO LANE BLACKTOP. Dennis Hopper hatte gerade mit EASY RIDER einen Überraschungserfolg gelandet. Für 850.000 $ handelte er bei Universal den „final cut“ für sein Projekt THE LAST MOVIE heraus. Er flog mit seiner Crew in das 3.700 Meter hoch gelegene Andenstädtchen Chinchero und drehte dort einen Film über einen Stuntmen und Pferdetrainer namens Kansas, der nach den Dreharbeiten eines Westerns (unter der Regie von Samuel Fuller!) in einem peruanischen Andendorf bleibt, eine Affäre mit einer einheimischen Frau hat, und bald in einen Taumel aus platzenden Träumen, Suff und Gewalt gerät. Derweil spielen die Dorfbewohner die gewalttätigen Szenen des Westerns mit selbstgebauten Kameras aus Schilfrohr nach, allerdings mit echter Gewalt. Als Höhepunkt soll Kansas real getötet werden. Mindestens scheint es so, denn alles könnte sich auch in Kansas‘ Kopf abspielen.
THE LAST MOVIE ist am ehesten dem im gleichen Jahr in Venedig ausgezeichneten WAKE IN FRIGHT von Ted Kotcheff verwandt. In beiden Filmen tobt sich eine naive, verzweifelte und permanent besoffene weiße Männergeneration in der vermeintlichen „Wildnis“ aus, misshandelt Frauen und gesteht sich schließlich jämmerlich das Scheitern ein. Hoppers Film will aber noch mehr erzählen, über Kino und Realität, über westliche Illusionen von natürlicher Unschuld, über Sex und Macht und über die Folgen von kolonialem Gehabe. THE LAST MOVIE ist einer der aufregendsten Filme einer Zeit des Umbruchs, in der plötzlich Experimente möglich waren, die das Kino für immer verändern sollten.
Hopper blieb beim Dreh unter Budget, trotz Berichten von Suff, Drogen, Orgien und SM-Parties, und Kameramann László Kovács fing spektakuläre Bilder ein. Das Projekt begann erst beim Schnitt ins Schlingern zu geraten, der sich endlos hinzog. Nicholas Ray und Alejandro Jodorowsky gaben Ratschläge, und kurz vor dem finalen Cut hatte Hopper die Idee, einen Teil des Endes an den Anfang des Films zu setzen. Universal war entsetzt, bei den ersten Vorstellungen in New York floppte THE LAST MOVIE bei Besuchern und Kritikern und verschwand jahrzehntelang in den Archiven. Nun gibt es eine 4K-Restauration von THE LAST MOVIE, der über die Jahre einen fast mythischen Ruf erworben hat.

Tom Dorow

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