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The Farewell

Ehrlich und zärtlich

Billi ist eine junge New Yorkerin, die ihre Großmutter in China sehr liebt. Als Nai Nai an Krebs erkrankt, will die Familie ihr das nicht sagen, sondern organisiert hastig eine Hochzeit, damit alle Nai Nai noch einmal wiedersehen können.

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THE FAREWELL ist eine nahezu perfekt erzählte Familiengeschichte, ehrlich und zärtlich, nachfühlbar und berührend, und durchzogen von Momenten eines schrägen Alltags-Humors, wie er sich aus widersprüchlichen Gefühlen und Situationen ergibt. Lulu Wang beginnt ihr Debüt, dessen Oscar-Nominierung in den USA fast sicher scheint, mit der Ankündigung „Based on an actual lie“ – „Nach einer tatsächlichen Lüge“. Tatsächlich ziehen sich viele kleine Gelegenheitslügen durch den Film, das geht schon in der allerersten Szene los: Die dreißigjährige New Yorkerin Billi (wunderbar muffelig: Akwafina) läuft durch die Stadt und telefoniert mit ihrer Großmutter Nai Nai (liebevoll und taff: Zhao Shuzhen) in China, und dass die beiden sich sehr lieb haben, merkt man gleich. Nai Nai sitzt während des Telefonats in einem Krankenhausflur und wartet auf ihre Ergebnisse, aber als Billi fragt, wo sie gerade ist, sagt sie „Ich bin bei deiner Tante.“ „Das war nur eine Freundin“ antwortet Billi, als eine Frau sie auf der Straße anspricht und die Großmutter wissen will, mit wem sie da eben geredet hat. Die große Lüge kommt ins Spiel, als Billi wenig später bei ihren Eltern vorbeischaut und deren gedrückte Stimmung bemerkt. Zur Rede gestellt, erzählen sie: Nai Nai hat Krebs und die Ärzte haben ihr nur noch wenige Monate gegeben. Die Familie hat beschlossen, es ihr nicht zu sagen, aber damit alle die geliebte Nai Nai noch einmal sehen können, werden sie die Hochzeit von Billis Cousin feiern. Es wäre allerdings besser, wenn Billi nicht mit nach China kommt – sie kann ihre Gefühle zu schlecht verbergen. Natürlich fährt Billi dann doch.
Lulu Wang fängt den teils traurigen, teils schrägen, teils unerwartet heiteren, teils auch ganz banalen Verlauf dieses Familientreffens präzise ein. In den Familiengesprächen am Rande vieler, vieler Mahlzeiten werden alte Trennlinien herausgekramt und wieder beiseitegeschoben, ost-westliche Vorstellungen von Familie verhandelt, Gefühle versteckt und gezeigt. Und immer wieder fängt ein großes Familienfoto die Temperatur des absurden, von Liebe getragenen Festes ein.

Hendrike Bake

Details

USA 2019, 98 min
Genre: Familiengeschichte, Drama, Tragikomödie
Regie: Lulu Wang
Drehbuch: Lulu Wang
Kamera: Anna Franquesa Solano
Schnitt: Matt Friedman, Michael Taylor
Musik: Alex Weston
Verleih: DCM Film
Darsteller: Awkwafina, Tzi Ma, Jim Liu, Gil Perez-Abraham, Ines Laimins
FSK: oA
Kinostart: 19.12.2019

Website
IMDB

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