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Teheran Tabu

Im Konflikt mit dem System

Der auch aus Gründen des Schutzes seiner Darsteller in Rotoskopie-Technik gedrehte Film TEHERAN TABU erzählt vom Leben junger Teheraner*innen, deren Privatleben im Konflikt mit dem System steht.

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Nachdem man TEHERAN TABU gesehen hat, möchte man eigentlich gleich die Koffer packen und sich die Stadt selbst anschauen, so faszinierend kommt sie im Film rüber. Dabei sind die Geschichten, die erzählt werden, wenig schön. Hauptsächlich durch die Augen des fünfjährigen, stummen Elias beobachtet man ein Quartett junger Teheraner*innen, deren Alltag genauso viel „Sex, Drugs and Rock’n Roll“ wie der vieler junger Berliner*innen beinhaltet, außer, dass Teheraner Exzesse rein im Privaten, außerhalb des Blickfeldes der religiösen Autoritäten, stattfinden müssen. Wobei die Autoritäten das Spiel genauso spielen: Elias Mutter prostituiert sich für den Lebensunterhalt, muss aber auch einem Richter als Geliebte dienen, damit der ihre Scheidung absegnet. Ihre Nachbarin Sara würde gerne wieder arbeiten, scheitert aber am Verbot ihres Mannes. Und der Musiker Babak muss plötzlich sehen, wo er das Geld auftreibt, um eine Frau, mit der er einen One-Night-Stand hatte, für ihre Hochzeit wieder zur „Jungfrau“ zu machen. Gestern haben sie wieder drei Ehebrecher aufgehängt.
Passbilder und Bürokratie ziehen sich als visuelle Motive durch den Film. Der Kontrast zwischen den Menschen, als die die Charaktere offiziell erscheinen und denen, die sie im Privaten sind, ist offensichtlich. Dem Konflikt mit dem System, unter dem alle leiden, dessen Nutznießer aber niemals ersichtlich sind, und der Angst vor der Denunziation stehen kurze Momente der Hilfe und Solidarität der Leidtragenden untereinander gegenüber.
Um die Darsteller*innen zu schützen, wurde die deutsch-österreichische Koproduktion in der Rotoskopie-Technik gedreht, die Richard Linklater auch in A SCANNER DARKLY verwandt hat. Die comichafte Verfremdung gibt den harten Geschichten zugleich eine Note von Transzendenz. TEHERAN TABU zeigt eine Welt, die viel vielschichtiger ist als das, was man in den Nachrichten über den Iran erfahren kann. Und es gibt es auch ein wenig Hoffnung, zumindest für Elias.

Christian Klose

Details

Originaltitel: Tehran Taboo
Deutschland / Österreich 2017, 96 min
Genre: Animation, Gesellschaftsfilm, Großstadtfilm
Regie: Ali Soozandeh
Drehbuch: Ali Soozandeh
Kamera: Martin Gschlacht
Schnitt: Andrea Mertens, Frank Geiger
Musik: Ali N. Askin
Verleih: Camino Filmverleih
FSK: 16
Kinostart: 16.11.2017

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