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Sympathisanten

Psycho-Geschichte des Deutschen Herbstes

In den späten 70er Jahren wurden auch bürgerliche Linke wie Margarete von Trotta, Volker Schlöndorff und Heinrich Böll von Presse und Politikern zu „Sympathisanten“ der RAF erklärt. Der Historiker Felix Möller (VERBOTENE FILME, HARLAN), Trottas Sohn und Schlöndorffs Stiefsohn, untersucht das Verhältnis seiner Eltern zur RAF-Geschichte.

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Der Historiker und Dokumentarfilmemacher Felix Möller (VERBOTENE FILME, HARLAN – IM SCHATTEN VON JUD SÜSS) ist der Sohn von Margarete von Trotta und der Stiefsohn von Volker Schlöndorff. Beide unterstützten während des „Deutschen Herbstes“ 1977 die Rote Hilfe, und drehten Filme, die direkten Bezug zur RAF-Geschichte hatten, wie DIE VERLORENE EHRE DER KATHARINA BLUM (Schlöndorff), DAS ZWEITE ERWACHEN DER CHRISTA KLAGES und DIE BLEIERNE ZEIT (Trotta). Trotta besuchte auch RAF-Gefangene im Gefängnis, beide standen in engem Kontakt mit Heinrich Böll. Sie gerieten, wie Erich Fried und Peter Schneider, ins Schussfeld des Kampagnen-Journalismus der Springer-Presse, die sie als „Sympathisanten“ bezeichnete. In Felix Möllers neuem Film geht es nicht um die tatsächlichen Unterstützer der RAF in der linken Szene, die es natürlich auch gab, und die der Gruppe Geld, Unterschlupf und anderes verschafften. Ihn interessieren die bürgerlichen (Ex-)Linken und ihre Auseinandersetzung mit der RAF auf der einen, staatlicher Repression und der Hetze der Springer-Presse auf der anderen Seite. Möller betreibt eine Art von Psycho-Geschichtsschreibung, es geht um Befindlichkeiten und darum, welches ideologische Bedeutungselement bei wem wie funktioniert hat. Marius Müller-Westernhagen, dessen Song „Grüß mir die Genossen“ von 1978 von willkürlichen Hausdurchsuchungen, Denunziation, Verhaftungen und Knasterfahrung erzählt, sagt „Es war schon schick, zu sympathisieren“. Für Margarete von Trotta waren die repressiven Methoden des Staates entscheidend für ihre Position, vor allem die Debatte um die Isolationshaft, der mindestens Ulrike Meinhof ausgesetzt war, und von der Karl-Heinz Dellwo im Film anschaulich erzählt. Sie selbst verbrachte wegen eines Zwischenrufs vor Gericht einige Wochen im Gefängnis. SYMPATHISANTEN ist eine dichte, konzentrierte und persönliche Doku, die allerdings gewisse Kenntnisse der Geschichte des „Deutschen Herbstes“ voraussetzt.

Tom Dorow

Details

Originaltitel: Sympathisanten – Unser Deutscher Herbst
Deutschland 2017, 101 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Felix Moeller
Drehbuch: Felix Moeller
Kamera: Börres Weiffenbach
Verleih: NFP
Kinostart: 24.05.2018

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