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Speak No Evil

Höflichkeit und Übergriffe

Björn und Luise, ein zurückhaltendes dänisches Paar mit einer kleinen Tochter besuchen ihrer Urlaubsbekanntschaften, die extrovertierten Holländer Patrick und Karin. Dort sind sie von Anfang an kleinen, aber allmählich eskalierenden Übertretungen ausgesetzt.

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Im dänischen Horrorthriller SPEAK NO EVIL von Christian Tafdrup steht die Barbarei den Konventionen der Höflichkeit gegenüber. Björn und Luise, ein zurückhaltendes, freundliches dänisches Paar mit einer kleinen Tochter lernt im Toskana-Urlaub Patrick und Karin kennen, ein holländisches Paar mit einem schweigsamen kleinen Sohn, das wesentlich extrovertierter wirkt. Zurück in Dänemark erhalten sie per Postkarte eine Einladung nach Holland. Sie fühlen sich verpflichtet, der Einladung zu folgen. „What’s the worst that could happen?“ fragt Björn rhetorisch, aber das Schlimmste bereits vorausbedeutend. Sune Kølsters Filmmusik kündet vom Verhängnis, während die Bilder noch von alltäglichen Autofahrten, Abendessen und Fährverbindungen erzählen. In Holland sind Björn und Luise von Anfang an kleinen, aber allmählich eskalierenden Übertretungen ausgesetzt, denen sie sich im Rahmen ihrer höflichen Disposition nicht widersetzen können: der Vegetarierin Luise wirkt Wildschweinbraten aufgedrängt, die kleine Tochter bekommt nur eine Matratze auf dem Boden angeboten, die Rechnung für den Restaurantbesuch wird mit einer flapsigen Bemerkung an Björn weitergereicht und während Luise duscht, steht der nackte Patrick plötzlich im Badezimmer. Diese Momente erzeugen eine subtile Spannung und eine Mischung aus Ärger, Scham und Zweifel und sind virtuos inszeniert. Wenn der Film später eine Wendung zum puren Horror macht, und diese Wendung in einer Holocaust-Anspielung und einer archaisch-biblischen Szene enden lässt, überstreckt Tafdrup die Grundidee des Films. Zivilisierte, höfliche Menschen mögen Schwierigkeiten damit haben, sich gegen alltägliche Übergriffigkeiten zu wehren. Ihre Fähigkeit zum körperlichen Widerstand so weit zu unterschätzen, wie Tafdrup es hier tut, wirkt weniger glaubhaft. SPEAK NO EVIL ist fieser, böser und sehr finsterer Film.

Tom Dorow

Details

Originaltitel: Gæsterne
Dänemark 2022, 97 min
Sprache: Englisch, Niederländisch, Dänisch
Genre: Thriller
Regie: Christian Tafdrup
Drehbuch: Christian Tafdrup, Mads Tafdrup
Kamera: Erik Molberg Hansen
Schnitt: Nicolaj Monberg
Musik: Sune Kølster
Verleih: Plaion Pictures
Darsteller: Morten Burian, Sidsel Siem Koch, Fedja van Huêt, Karina Smulders, Liva Forsberg, Marius Damslev
FSK: 16
Kinostart: 28.09.2023

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