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Sohn der weissen Stute

Psychedelisches Märchen

Marcell Jankoviscs‘ Animations-Kultklassiker von 1980 ist ein bizarres, psychedelisches Märchen mit einem einzigartigen Animationsstil und einem brachialen Synthesizer-Soundtrack.

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Der ungarische Animationsfilmemacher Marcell Jankoviscs hat 1976 einen Oscar für seinen Kurzfilm SISYPHUS und 1976 die Goldene Palme für den Kurzfilm KÜZDÖK erhalten. Sein Opus Magnum, AZ EMBER TRAGÉDIÁJA (Die menschliche Tragödie) von 2011 ist in Deutschland nicht ins Kino gekommen – aber auffindbar. International ist sein Film FEHÉRLÓFIA (1980) am besten in Erinnerung geblieben, der im DDR-Fernsehen als „Der Schimmelsohn“ ausgestrahlt wurde und nun als SOHN DER WEISSEN STUTE wieder ins Kino kommt. Der Film ist ein bizarres, psychedelisches Märchen mit einem einzigartigen Animationsstil und einem brachialen Synthesizer-Soundtrack. Farbflächen verschieben sich ständig gegeneinander und überführen die Figuren immer wieder ins Ornamentale. Alles dreht sich, löst sich auf, wird von Blitzen zerrissen und fügt sich wieder in den wilden Bilderstrom. Währenddessen grollen und wummern die analogen Vintage-Synthesizer, als hätte jemand gerade entdeckt, wie viel Spaß es macht, den White-Noise-Input zu modellieren. Der Sound grenzt immer wieder an frühe Industrial-Aufnahmen.
Dabei ist die Geschichte ein sehr schlichtes Volksmärchen mit einigen friedenspolitischen Anspielungen, wie das in den achtziger Jahren so üblich war. Eine weiße Stute gebiert drei Söhne, von denen Baumausreißer der jüngste und stärkste ist. Gemeinsam mit seinen Brüdern Eisenkneter und Steinbröckler muss er drei Prinzessinnen aus der Unterwelt befreien, die von drei Drachen dorthin entführt wurden. Söhne und Prinzessinnen sind mythologische, männliche und weibliche Naturkräfte, die Drachen Urkräfte der Aggression. Das wirkt angesichts der avantgardistischen Bild- und Tongestaltung erstaunlich altmodisch. Dennoch ist DER SOHN DER WEISSEN STUTE ein filmgeschichtlicher Meilenstein der psychedelischen Abteilung des avantgardistischen Animationsfilms.

Tom Dorow

Details

Originaltitel: Fehérlófia
Ungarn 1981, 82 min
Genre: Animation, Fantasy, Abenteuer
Regie: Marcell Jankovics
Drehbuch: László György, Marcell Jankovics
Kamera: Zoltán Bacsó
Schnitt: Magda Hap, Mária Kern, Valéria Pauka, Judit Szarvas
Verleih: drop-out Cinema
FSK: 12
Kinostart: 13.08.2020

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