In Tonis großem Hit singt sie über eine freie Frau, die ihrem Schicksal folgt. Doch ihr Song ist 20 Jahre alt – und frei ist Antonia (Camille Cottin), genannt Toni, nicht gerade: Kurz nach ihrer Teilnahme an der Fernseh-Gesangsshow, zu der ihre Mutter sie Anfang der 2000er drängte, bekam sie in kurzem Abstand fünf Kinder. Jetzt stehen die ältesten beiden, Tänzerin Mathilde (Léa Lopez) und YouTuber Marcus (Thomas Gioria), kurz vor dem Abitur und müssen sich für Unis entscheiden. Beim Anblick der vielen verschiedenen Studiengänge und Möglichkeiten wird der alleinerziehenden Toni klar: Sie möchte endlich mehr als nur Mutter sein, sich nicht mehr fremdbestimmen lassen. Doch so einfach ist das nicht, denn die fünf Teenager*innen haben ihre jeweils eigenen Bedürfnisse und Schwierigkeiten.
Regisseur Nathan Ambrosioni, der auch das Drehbuch zu SO SIND WIR, SO IST DAS LEBEN schrieb, setzt in seiner im südfranzösischen Grasse angesiedelten Geschichte einer Emanzipation ganz auf die preisgekrönte Schauspielerin Camille Cottin (DER GEHEIME ROMAN DES MONSIEUR PICK, CALL MY AGENT!), die den Film durch ihre glaubwürdige, nahbare Darstellung trägt. Ambrosioni bleibt stets nah an seiner Filmfigur Toni und deren Perspektive, die sich immer mehr öffnet, wenn Toni neue Menschen und Orte in ihr Leben lässt, statt sich weiterhin fast ausschließlich um ihre Kinder zu kümmern und sich im Alltag zwischen Haushalt, Großeinkauf und Kinder-Fahrdienst selbst zu verlieren. Der 1999 geborene Regisseur, der mit 21 Jahren begann, das Drehbuch zu schreiben, legt einen feministischen Film über eine Frau Anfang 40 vor, die sich traut, endlich auch an sich selbst, ihre eigenen Träume und Lebensvorstellungen zu denken, und die dazu keine männliche Bestätigung braucht.

Stefanie Borowsky