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Doch das Böse gibt es nicht

Moral und Repression

DOCH DAS BÖSE GIBT ES NICHT ist ein Episodenfilm über Menschen im Iran, die sich direkt oder indirekt mit der Todesstrafe konfrontiert sehen und sich der Frage stellen müssen, wie man im Angesicht eines repressiven Regimes einen einigermaßen moralischen Verstand behält.

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In kaum einem anderen Land wird die Todesstrafe häufiger vollstreckt als im Iran. Doch nicht nur das: Auch Wehrpflichtige werden während ihres im Iran vorgeschriebenen zweijährigen Militärdienstes dazu herangezogen, als Henker zu agieren – und werden dafür auch noch mit drei Tagen Urlaub „belohnt“. Welche psychologische Belastung das gerade für junge Rekruten bedeutet, ist eines der Themen von DOCH DAS BÖSE GIBT ES NICHT, ein in vier Episoden erzähltes Drama, für das der iranische Regisseur Mohammad Rasoulof im letzten Jahr mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde. Um die Frage, ob die Todesstrafe rechtmäßig oder gar sinnvoll ist, geht es dabei nur indirekt, viel mehr jedoch um die Frage, welche Auswirkungen sie auf das Wesen und die Psyche der Gesellschaft hat.
Die lose verbundenen Episoden erzählen von vier Männern, die als Henker agierten oder agieren sollten, die sich dieser schrecklichen Pflicht untergeordnet oder ihr widersetzt haben. In der Episode „Geburtstag“ geht es etwa um den jungen Soldaten Javad, der eine Hinrichtung durchgeführt hat und dafür freie Tage erhalten hat. Diese nutzt er, um seine Verlobte zu besuchen. Doch im Haus ihrer Familie herrscht Trauer, denn ein befreundeter Regimekritiker wurde gerade hingerichtet, wie sich herausstellt, ausgerechnet von Javad. Die Frage, die sich stellt ist klar: Hat Javad nur seine Pflicht getan und im Sinne des in vielen historischen Kontexten diskutierten, so genannten „Befehlsgehorsam“ agiert oder hätte er sich aus purer Menschlichkeit, aus moralischem Empfinden widersetzen müssen?
Rasoulof verhandelt diese Fragen auf manchmal etwas didaktische Weise, und durch die episodische Struktur ergeben sich fast zwangsläufig auch mit Wiederholungen, aber dennoch entsteht dabei ein sehenswerter Einblick in die Psyche eines Landes.

Michael Meyns

Details

Originaltitel: Sheytan vojud nadarad
Deutschland/ Tschechische Republik/ Iran 2020, 150 min
Sprache: Persisch, Deutsch
Genre: Drama
Regie: Mohammad Rasoulof
Drehbuch: Mohammad Rasoulof
Kamera: Ashkan Ashkani
Schnitt: Mohammadreza Muini, Meysam Muini
Musik: Amir Molookpour
Verleih: Grandfilm
Darsteller: Ehsan Mirhosseini, Shaghayegh Shourian, Kaveh Ahangar, Alireza Zareparast
Kinostart: 19.08.2021

Vorführungen

Keine Programmdaten vorhanden.

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