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Roxy

Falsche Fährten

Thomas Brenner hat einen Allerweltsnamen und führt ein Allerweltsleben. Als Taxifahrer ist er für alle unsichtbar. Dann steigen drei Russen bei ihm ein; deren Anführer, Levan, wirft mit druckfrischem Geld um sich, hat einen Kampfhund namens Roxy, und er heuert Thomas an.

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Thomas Brenner hat einen Allerweltsnamen und führt ein Allerweltsleben, und etwas anderes hat er auch gar nicht vor. Als Taxifahrer ist er für alle unsichtbar. Dann steigen drei Russen bei ihm ein; deren Anführer, Levan, wirft mit druckfrischem Geld um sich, hat einen Kampfhund namens Roxy, und er heuert Thomas an, als Fahrer zuerst, dann als Mädchen für alles. Thomas fügt sich, wie er sich immer fügt. Trotz der latenten Bedrohlichkeit von Levan, trotz der Gefährlichkeit von Roxy, trotz der Verführungskraft von Levans junger Frau. Oder gerade wegen all dem?

Dieser farblose, ordnungsliebende, zurückhaltende, distanzierte, stets bereite Thomas ist eine Paraderolle für Devid Striesow; und Dito Tsintsadze geht seine Inszenierung klug an: Zu Beginn wirkt der Film beinahe so dröge wie Thomas. Doch das ist eine falsche Fährte: Denn je stärker sich Thomas auf die Russen einlässt, je mehr er ihnen hilft, sich vor geheimnisvollen Verfolgern zu verstecken, desto dichter wird der Film, desto intensiver die emotionale Spannung – die Bach- und Vivaldimusik ist dabei schön auf Thomas‘ Blick auf das Geschehen abgestimmt. Tsintsadze steigert einerseits die Dynamik geschickt, bricht sie andererseits immer wieder: Der Film lässt dem Absurden viel Raum, mit einer nymphomanischen Barbesitzerin, einem Kontaktmann in die Unterwelt, der in der Hängematte slackt hinter der Orgelempore einer Kirche, mit einem Passfälscher, der in einer albernen Hamlet-Inszenierung als Ophelia auftritt. Ohne auf Pointen aus zu sein, schleicht sich Komödie in den Thriller. Aber auch das ist falsche Fährte. Denn eigentlich geht es um Thomas, dessen Opa in der Waffen-SS, dessen Vater bei der Stasi gedient hat, und der sich selbst ebenfalls als charakter- und gewissenloser Opportunist herausstellt.

Harald Mühlbeyer

Details

Deutschland 2023, 100 min
Genre: Drama, Thriller
Regie: Dito Tsintsadze
Drehbuch: Dito Tsintsadze
Kamera: Notker Mahr
Schnitt: Matthieu Jamet
Verleih: Across Nations
Darsteller: Devid Striesow, Vakho Chachanidze, Camila Borghesani, Ivan Shvedoff, Sandro Kekelidze, Torsten Merten
Kinostart: 25.01.2024

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