Marita Stockers Dokumentarfilm ROCK CHICKS mag ein etwas überholtes Verständnis von Popmusik und der Rocktradition haben, aber das macht die Musikerinnen, mit denen Stocker im Film spricht, nicht weniger interessant. Die weiblichen Traditionslinien des Rock gehen in diesem Film von der Bluesgitarristin und Sängerin Memphis Minnie in den 30er/40er Jahren über Sister Rosetta Tharpe und Big Mama Thornton in den 50er Jahren zu weißen Rock’n’Roll-Musikerinnen wie Wanda Jackson. Die Rock’n’Roll-Generation ist durch Linda Gail Lewis, Jerry Lees Schwester, die noch immer auf Dancehall-Tournee ist, und durch Rosie Flores, die noch mit Wanda Jackson auf der Bühne stand, vertreten. In den siebziger Jahren schaffte Suzy Quattro es, sich mit Entschlossenheit im männlich dominierten Geschäft durchzusetzen und zum Vorbild für Bands wie Runaways und Go-Go’s zu werden. Kristin Hersh, die neben ihrer Solokarriere Sängerin und Songwriterin der Throwing Muses war und die Noise-Band 50 Foot Wave leitet, verweigerte sich dagegen den Mechanismen des Geschäfts. Sie zählt die Klischees auf, die das Geschäft von Frauen erwartet: niedlich sein, in die Kamera lächeln, nicht zeigen, dass du wirklich spielen kannst. Hersh entzog sich dem System und trennte sich von ihrer Plattenfirma.
Stockers Film reduziert Frauen im Rock leider auf Gitarre oder Bass spielende Frontfrauen, während professionelle Songwriterinnen wie Carole King oder Ellie Greenwich sowie Schwarze Funk- und Soulmusikerinnen, auch wenn sie so unabhängig produzierten wie etwa Betty Davis, und Hip Hop Pionierinnen wie Queen Latifah oder Salt-N-Pepa immer noch aus der weiblichen Rock-Tradition ausgeschlossen werden. Das ist schade, zumal der Film mit der Beteiligung von Nkwasa Onwusa, der ersten schwarzen Kuratorin der Rock’n’Roll Hall of Fame die Gelegenheit gehabt hätte, einiges gerade zu rücken.

Tom Dorow