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Reproduktion

Frau sein im Kunstbetrieb

Katharina Pethke, Regisseurin und Professorin an der Kunsthochschule Hamburg, forscht in den eigenen Familienarchiven und denen der Hochschule, um patriarchale Strukturen aufzudecken.

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Auf dem Wandgemälde in der Aula der Kunsthochschule in Hamburg steht das überlebensgroße, erleuchtete, männliche Künstlergenie im Zentrum. Daran gilt es sich abzuarbeiten, seit Generationen. Die Kamera gleitet durch die Flure, die nicht nur die Filmemacherin Katharina Pethke erst als Studentin, später als Professorin durchschritten hat, sondern auch ihre Mutter und Großmutter. Eigentlich hat sie es geschafft - anders als ihre Großmutter, die aus gut situierten bürgerlichen Verhältnissen kam und nach dem 2. Weltkrieg ein Kunststudium aufnahm, dann aber heiratete, vier Kinder bekam und damit die Kunst ad acta legte. Aber am letzten Tag ihrer befristeten Professur, wurde Pethke von einem Kollegen gefragt, was sie denn eigentlich erreicht hätte, in ihrer Zeit an der Hochschule?

Die Regisseurin wirft diese Frage in den Echoraum der Kunstbetriebsblase zurück, der seine Ursprünge auch in jener Ausbildungsstätte hat, die seit Jahrzehnten eine hoffnungsfrohe Studentenschaft ausbildet. Jede*r von ihnen möchte sein/ihr Schaffen in die Welt tragen. Doch wer wird am Ende gesehen? Pethkes Mutter bezeichnet ihren Lebensentwurf als das eigentliche Werk, das sie hinterlässt. Sie, 68-Generation, hat ihre Kinder allein großgezogen, dabei Vollzeit als Lehrerin gearbeitet. Für ihre Kunst blieb wenig Zeit. Aber zumindest war sie unabhängig. Die eigene Mutterschaft führt die Regisseurin an die Grenzen des Gefühls, beides haben zu können: Kinder und Karriere im Kunstbereich. Zusammen mit dem Vater ihrer Zwillinge, entwirft sie deshalb dieses Filmprojekt, forscht in den eigenen Familienarchiven und denen der Hochschule, um patriarchale Strukturen aufzudecken, architektonische und künstlerische Spuren zu finden, die darauf hinweisen, inwiefern Frauen überhaupt eigene Gestaltungsräume zugewiesen werden. In gewisser Weise wirkt es so, als würden diese Räume auch zwischen der Filmemacherin, die eine persönliche Geschichte erzählen möchte, und der intellektuellen Konzeptkünstlerin, die einen Essayfilm plant, schweben. Die Emotion resoniert im Dazwischen.

Susanne Kim

Details

Originaltitel: Reproduction
Deutschland 2024, 111 min
Sprache: Deutsch
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Katharina Pethke
Kamera: Christoph Rohrscheidt
Schnitt: Simon Quack
Verleih: Plutofilm

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