Paolo Conte zählt zu den großen cantautori italiani. Auch in Deutschland hat der wunderbar verspielte, dabei meist melancholische Jazz des heute 87-Jährigen seine Fangemeinde. 2023 trat der im Piemont geborene Liederdichter im legendären Teatro alla Scala auf. Der Dokumentarfilm von Giorgio Testi legt von dem Ereignis ein sehenswertes Zeugnis ab. Conte singt, am Flügel sitzend: „E dove c'è un piano, intorno c'è sempre gente che fa baccano“. Ungefähr: Und wo es ein Klavier gibt, sind drumherum stets Leute, die Lärm machen. Lärm macht das elegant gewandete Mailänder Publikum keinen; die aufmerksame Spannung aber entlädt sich in großem, teils frenetischem Applaus. In Zwischenbildern erzählt Conte von seinem Verhältnis zu Musik, von seiner ersten „musikalischen Erinnerung“, dem „animalischen“ Geräusch eines Traktors auf dem Landsitz seines Großvaters. Der besondere Sound ging Paolo nicht mehr aus dem Kopf. Das Konzert beinhaltet manchen Hit aus dem Repertoire des Künstlers, der auch als Maler tätig ist: „Sotto le Stelle del Jazz“, „Come di“…. Berührend: Welch offenbar inniges Verhältnis Conte zu seinen Mitmusikern pflegt – Perkussionisten, ein Violinist, Gitarristen. Conte selbst ist nicht nur am Klavier, sondern auch am Kazoo zu hören, einem kleinen, skurril quäkenden Instrument. Nie hat man das Gefühl, dass der mit dem Verdienstorden der Italienischen Republik Bedachte sich selbst allzu ernst nimmt. Contes nonchalante Spielfreude ist infektiös; zuweilen trägt er am Flügel eine gelbe Sonnenbrille. Das Bühnenlicht osziliiert zwischen nachtblauen, rotwarmen und moosgrünen Farbtönen. Die FAZ hat es, nach einem Konzert in Frankfurt, mal so beschrieben: „Wenn Paolo Conte musiziert, ist es, als spräche Thomas Mann zu uns: spielerisch und tröstend.”

Matthias von Viereck