Neue Notiz
Nur eine Frau
Aynur erzählt ihre Geschichte
Am 23. Februar 2005 wird die 23-jährige, deutsch-kurdische Berlinerin Hatun Aynur Sürücü von ihrem jüngsten Bruder erschossen. In Sherry Hormanns Spielfilm erzählt sie ihre Geschichte.
Filmkritik: Am 23. Februar 2005 wird die 23-jährige, deutsch-kurdische Berlinerin Hatun Aynur Sürücü in Tempelhof, nur wenige Meter von der eigenen Wohnung entfernt, von ihrem jüngsten Bruder erschossen. Sie hatte ihren Bruder gerade zur Bushaltestelle gebracht, oben in der Wohnung bleibt ihr fünfjähriger Sohn Can alleine zurück. Gegen die beiden älteren Brüder läuft derzeit der mittlerweile dritte Prozess wegen Mittäterschaft.
Dem menschenverachtenden Frauenhass, der Aynur das Leben kostete, setzen Regisseurin Sherry Hormann – die bereits in ihren Filmen WÜSTENBLUME und 3096 TAGE Gewalt gegen Frauen zum Thema machte – und Drehbuchautor Florian Oeller eine Erzählung entgegen, die Aynur (Almila Bagriacik) in den absoluten Mittelpunkt stellt. Sie wendet sich im Film direkt an ihr Publikum und erzählt ihr Leben in der Ich-Form. Das ist erstmal irritierend - am deutschen Mainstream sind Debatten um „cultural appropriation“ offenbar spurlos vorbei gegangen. Aber es macht die Erzählung auch immer wieder als solche kenntlich. Aynur wird mit 15 aus Berlin in die Türkei verfrachtet und dort mit 17 an einen Cousin verheiratet. Als die Familie auf der Hochzeit Türkisch redet, schaltet Aynur sich ein: „Ach, das versteht ihr ja nicht. Moment, ich übersetze…“ und von da an geht es auf Deutsch weiter. Später, als es um Abläufe geht, die für den Prozess relevant sind – wer hat was gewusst, wer hat die Pistole besorgt – flicht sie manchmal ein, dass sich das so nicht beweisen ließ. Manchmal erklärt sie den Deutsch-Deutschen im Publikum etwas, zum Beispiel, dass ihre Familie ultrareligiös ist und nicht alle den Islam so auslegen. Auch innerhalb der Familie selbst sind die Positionen unterschiedlich. Aynurs mittlerer Bruder, der Nette mit den langen Haaren, rät ihr, nachdem sie vor dem gewalttätigen Ehemann zurück zur Familie geflohen ist, Berlin zu verlassen. Aber Aynur bleibt, glaubt, dass die Familie ihr Leben als selbständige Frau, alleinerziehende Mutter und angehende Elektronikerin irgendwann respektieren wird.
Hendrike Bake
Deutschland 2019, 90 min
Sprache: Deutsch, Türkisch
Genre: Drama
Regie: Sherry Hormann
Drehbuch: Florian Oeller
Verleih: NFP
Darsteller: Almila Bagriacik, Rauand Taleb, Meral Perin, Armin Wahedi, Mürtüz Yolcu
FSK: 12
Kinostart: 09.05.2019
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