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National Bird

Traumatisierte Drohnenkrieger

In Sonia Kennebecks Dokumentarfilm NATIONAL BIRD kommen drei Whistleblower zu Wort, die erzählen, wie traumatisierend sie die Arbeit mit den als „chirurgische Präzisionswaffen“ beworbenen Kriegsdrohnen erlebt haben.

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Im Dezember 2013 veröffentlichte der Guardian einen Artikel, in dem die Air-Force-Veteranin Heather Linebaugh ihre Erfahrungen als ehemalige Videoanalystin im Drohnenprogramm der US-Streitkäfte schilderte. Linebaugh beschrieb, wie traumatisierend sie ihre Einsätze erlebte, und wie sehr ihre Erfahrungen als Analystin, die auch die Folgen von Drohnenangriffen genau protokollieren musste, vom Propaganda-Image der Drohnen als chirurgischen Präzisionswaffen abwichen. Linebaugh verriet keine militärischen Geheimnisse, aber sie brach ein Tabu, denn eigentlich ist es Angehörigen der US-Streitkräfte streng verboten, über ihre Einsätze zu sprechen. Das gilt auch für die anderen beiden Whistleblower, die in Sonia Kennebecks Dokumentarfilm NATIONAL BIRD zu Wort kommen, den ehemaligen Signal Intelligence Analyst Daniel, der in Afghanistan Ziele im Drohnenprogramm aufspürte, und die IT-Technikerin Lisa, die mit der Datensammlung aus der Drohnenüberwachung beschäftigt war. Alle drei laufen Gefahr, wegen Geheimnisverrats angeklagt zu werden. Dem politisch engagierten Daniel wird schließlich tatsächlich die Wohnung leergeräumt, er selbst wird verhaftet und angeklagt.
Aus den Aussagen der Whistleblower wird klar, dass die Erkenntnislage der Drohnenoperateure wesentlich weniger präzise ist, als die Propaganda es glauben lassen will. Die Bilder sind unscharf, ein Spaten kann leicht für eine Waffe gehalten werden, und es gibt immer wieder Konflikte zwischen Videoanalysten, Drohnenpiloten und Schützen. NATIONAL BIRD konzentriert sich auf die traumatischen Erlebnisse der US-Soldaten, erst gegen Ende des Films gibt es auch Begegnungen mit einer afghanischen Familie, die auf einer Reise irrtümlich von einer US-Drohne angegriffen wurde – eine Attacke, bei der mehrere Familienmitglieder das Leben verloren, und andere schwerverletzt und traumatisiert überlebten.

Hannes Stein

Details

USA 2016, 92 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Sonia Kennebeck
Drehbuch: Sonia Kennebeck
Kamera: Torsten Lapp
Musik: Insa Rudolph
Verleih: NFP marketing & distribution
FSK: 12
Kinostart: 18.05.2017

Website
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