Neue Notiz
Monos – Zwischen Himmel und Hölle
Kalte Berge, heißer Dschungel
Von ihrem Anführer werden sie "Monos" genannt, Affen. Sie sind jugendliche Guerilleros in einem nicht genau bestimmten Konflikt in einem südamerikanischen Land, gefangen in einer Kriegsmaschine, die Disziplin verlangt, aber vor allem Verrohung produziert.
Monos
Guerilleros im Kampf gegeneinander
Die Reste eines Bunkers, über den Wolken. Zwei Jugendliche haben die Augen verbunden und atmen schwer. Das sieht zunächst aus wie bei einem Erschießungskommando, aber tatsächlich spielen sie Fußball nach Gehör, eine Aufmerksamkeitsübung. Die Jugendlichen sind Guerilleros in einem nicht genau bestimmten Konflikt in einem südamerikanischen Land. Ihre Aufgabe ist das Bewachen einer „Kriegsgefangenen“, einer englischsprachigen Frau, die sie „Doctora“ nennen. Um welchen Krieg und um welches Land es geht, erfahren wir nicht, die Jugendlichen kennen sich gegenseitig nur unter ihren Kampfnamen: Rambo, Lobo, Lady, Perro, Bum Bum. Ihr einziger Kontakt zu der Organisation, für die sie kämpfen, ist der „Bote“ (Wilson Salazar, der einst selbst FARC-Guerillero war), ein kleinwüchsiger, durchtrainierter, autoritärer Mann, der die Jugendlichen „Monos“ nennt: „Affen“. Er genehmigt Beziehungen, ernennt die Anführer und gibt ihnen eine zusätzliche Aufgabe: Sie sollen sich auch um eine Kuh kümmern. Als das schiefgeht, eskaliert die Gewalt auch innerhalb der Gruppe.
Die Ausgangssituation mag nach „Herr der Fliegen“-Metaphorik klingen, aber der Film von Alejandro Landes ist zugleich konkreter und abstrakter. Die Furcht der „Monos“ vor dem Regime ist so greifbar wie die vor den Strafen der eigenen Organisation. Sie sind gefangen in einer Kriegsmaschine, die Disziplin verlangt, aber vor allem Verrohung produziert. Die Szenerie, zunächst in den nebligen, kalten Bergen, später im heißen Dschungel, wirkt immer bedrohlich. Der minimalistische Soundtrack von Mica Levi (UNDER THE SKIN) lässt die Synthesizer grollen, als könnte jederzeit die Welt untergehen, während einfache melodische Motive an geheime Pfeifsignale erinnern. MONOS wird im Verlauf des Films zu einem irrwitzigen, intensiven Thriller mit Folter, Fluchten und Verfolgungsjagden. Der brasilianische Regisseur Alejandro Landes hat früher dokumentarisch gearbeitet, und der überhöhte Realismus seines Stils lässt die Hitze und den Geruch dieser Welt so spürbar wie möglich werden. Wenn alles mit rechten Dingen zugeht, hat Alejandro Landes in ein paar Jahren einen Oscar in der Tasche. Ob seine Filme als internationale Produktionen noch intensiver werden können, ist eine andere Frage. MONOS ist ein herausragendes und aufwühlendes cineastisches Erlebnis.
Originaltitel: Monos
Kolumbien/ Argentinien/ Niederlande/ Deutschland/ Dänemark/ Schweden/ Uruguay 2019, 102 min
Sprache: Spanisch
Genre: Drama
Regie: Alejandro Landes
Drehbuch: Alexis Dos Santos, Alejandro Landes
Kamera: Jasper Wolf
Schnitt: Ted Guard, Yorgos Mavropsaridis, Santiago Otheguy
Musik: Mica Levi
Verleih: DCM Film
Darsteller: Julianne Nicholson, Moises Arias, Sofia Buenaventura, Julián Giraldo
FSK: 16
Kinostart: 04.06.2020
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IMDB
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