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Moleküle der Erinnerung – Venedig wie es niemand kennt

Im ausgestorbenen Venedig

Der Regisseur Andrea Segre reist nach Venedig, um den Jugenderinnerungen seines verstorbenen Vaters nachzuspüren – und gerät mitten in die Pandemie.

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Der Regisseur Andrea Segre reist nach Venedig, um den Jugenderinnerungen seines verstorbenen Vaters nachzuspüren – und gerät mitten in die Pandemie. Seine Spurensuche findet in der Geisterstadt, als die Venedig ohne den Tourismus erscheint, jedoch einen passenden Hintergrund. Segre filmt ortsansässige Freunde wie den Fischer Luigi oder die Ruderin Elena und spricht seine Gedanken über die Beziehung zu seinem Vater ein, die jedoch nie eine Tiefe erreichen, die sie als zentrales Filmmotiv rechtfertigen würde. Lohnender scheint die Betrachtung des pandemiebedingt ausgestorbenen Venedigs. So wird die Stadt bekanntermaßen wie keine andere vom Tourismus zersetzt – Wohnungen in der Stadt stehen für Einheimische nicht zur Verfügung, Lebensmittelläden sind fast ausnahmslos Souvenirshops gewichen und der kontinuierliche Schiffsverkehr lässt die vom Salzwasser zerfressenen Fassaden noch schneller ihrem Untergang entgegengehen. Venedig während der Pandemie ist ein Venedig ohne Tourismus und damit der Traum aller, die nicht direkt davon leben und auch einiger, die es tun. Hinzu kommt die verführerische Verwirklichung einer morbiden Ästhetik der Seuche, die sich spätestens seit der Thomas Mann-Verfilmung TOD IN VENEDIG von 1971 in die Stadt eingeschrieben hat. Doch in der menschenleeren Stadt scheint sich MOLEKÜLE DER ERINNERUNG an den wenigen Verbliebenen festzuklammern, sodass große Teile der 80 Minuten Spielzeit aus melancholisch untermalten Aufnahmen von Sedres Bekannten bestehen. Ein überzeugender Gesamteindruck entsteht so nicht, trotz der immer wieder erstaunenden Bilder einer Stadt, deren Leben, aber auch Verfall von der Pandemie eingefroren scheint.

Yorick Berta

Details

Originaltitel: Molecole
Italien 2020, 68 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Andrea Segre
Drehbuch: Andrea Segre
Kamera: Matteo Calore, Andrea Segre
Musik: Teho Teardo
Verleih: Film Kino Text
FSK: oA
Kinostart: 30.12.2021

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