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Mein liebster Stoff

Nahla träumt

Während in Syrien der Krieg heraufzieht, soll die 25-jährige Nahla an den älteren, in den USA lebenden Samir verheiratet werden – das Ticket in die Sicherheit für ihre Familie. Aber Nahla spielt nicht mit.

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Nahla ist keine einfache junge Frau. Sie ist oft provokant, fast schroff, und hat zudem einen Hang, selbst den ihr am nächsten stehenden Menschen offen ins Gesicht zu schwindeln. Sie träumt sich gerne den Märchenprinzen herbei, der nur sie will. Die 25-Jährige, facettenreich verkörpert von Manal Issa, lebt in Damaskus, im Frühling 2011, als die Unruhen langsam hochkochen.
Regisseurin Gaya Jiji verwebt die Geschichte ihrer Hauptfigur mit den politischen Ereignissen, die sie immer wieder in Form von Nachrichten oder mit Handykamera gefilmtem Originalmaterial einfließen lässt. Die Bilder sickern langsam in den Alltag von Nahlas Familie. Ihre Mutter versucht zu verdrängen, die jüngste Schwester, die so gar nichts von Schönfärberei und Romantik hält, sieht die Katastrophe kommen, Nahla steckt mittendrin. Sie soll dem um einiges älteren Samir vorgestellt werden, der in den USA lebt. Die arrangierte Ehe könnte für die Familie das Ticket nach Amerika bedeuten – eine Flucht vor dem heraufziehenden Krieg. Aber Nahla ist widerborstig wie immer und will sich nicht anbiedern. Samir entscheidet sich deshalb für die Mittlere der Schwestern, die brave und hübsche Myriam als Braut. Eine Kränkung ist das schon für Nahla. Aber auch der Beginn eines Spiels, das sie in die Gemächer der neuen Nachbarin Madame Jiji führt, bei der die Männer ständig ein- und ausgehen. Auch die ernsten jungen Kämpfer in Uniform.
In MEIN LIEBSTER STOFF erzählt Gya Jiji in einer Mischung aus modernem Märchen und realistischen Einblicken vom Leben junger Syrerinnen vor dem Krieg. Sie erinnert daran, dass im jetzigen Kriegsgebiet Menschen lebten und leben, die Träume haben. Die rauchen und tratschen und Sex wollen. Wie die Überbleibsel ihrer Aussteuer, die Nahla dem Wind übergibt, liegt ihre Zukunft, und damit symbolisch auch die eines ganzen Landes und seiner Jugend, am Ende nicht mehr in ihren Händen.

Susanne Kim

Details

Originaltitel: Mon tissu préféré
Frankreich/Deutschland/Türkei 2018, 95 min
Genre: Drama
Regie: Gaya Jiji
Drehbuch: Gaya Jiji, Eiji Yamazaki
Kamera: Antoine Héberlé
Schnitt: Jeanne Oberson
Musik: Peer Kleinschmidt
Verleih: Grandfilm
Darsteller: Manal Issa, Ula Tabari, Souraya Baghdadi, Mariah Tannoury
FSK: 12
Kinostart: 10.01.2019

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