„Kinder ertrinken lautlos“, sagt Paula (Luna Wedler). Sie weiß, wovon sie spricht. Ihr kleiner Bruder ist auf diese Weise gestorben. Seit er nicht mehr da ist, kommt Paula im Alltag nicht mehr klar. Sie hat ihr Meeresbiologiestudium abgebrochen und redet mit dem toten Tim wie mit einem imaginären Freund, immer wenn sie nicht mehr weiter weiß. Zu groß sind die Schuldgefühle und der Schmerz, weil sie, die ältere Schwester, ihn nicht beschützen konnte. Und schlimmer noch: Sie hatte Tim das Tauchen überhaupt erst beigebracht.

Als Paula nachts auf dem Friedhof sein Grab besucht, stößt sie auf Helmut (Edgar Selge), der die Asche seiner Ex-Frau in einem Südtiroler See verstreuen will. Gemeinsam brechen die beiden auf, denn auch Paula ist auf dem Sprung. Sie muss in die gleiche Richtung, weil sie an Tims Geburtstag in Triest sein will, um Selbstmord zu begehen und wieder bei ihrem Bruder zu sein. Denn seine Leiche wurde nie gefunden, auch das macht ihr das Weiterleben schwer.

Wie in jedem guten Roadmovie beginnt die Reise holprig. Helmut ist ein Eigenbrötler, Paula ein Dickkopf - keine gute Kombination. Aber mit jedem Kilometer werden die unsichtbaren Mauern zwischen ihnen weicher, durchlässiger. Die zarte Freundschaft, die dabei entsteht, ist nichts Neues. Man kennt solche Geschichten, hat sie schon oft im Kino gesehen. Und doch berührt Eileen Byrnes tragikomisches Spielfilmdebüt, das auf dem gleichnamigen Roman von Jasmin Schreiber aus dem Jahr 2020 basiert. Trauer ist eine Sprache, die nicht jeder versteht. Aber Luna Wedler und Edgar Selge spielen ihre Figuren jeweils trotzig, verzweifelt und emphatisch genug, dass man gerne bis nach Italien mitfährt, um herauszufinden, wohin die unerwartete Bekanntschaft sie über die Landesgrenze hinaus tatsächlich führen wird.

Pamela Jahn