Magazin für unabhängiges Kino
Filmwecker
Filmnotiz

Neue Notiz

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Gutgelaunte Nummernrevue

Karl Schmidt, einst Sidekick von Herrn Lehmann, fährt seine verpeilten Techno-Freunde von „Bumm Bumm Records“ mit dem Tourbus durch Deutschland, von einem schrägen Gig zum nächsten. Lakonische Verfilmung des gleichnamigen Romans von Sven Regener (Element of Crime).

Mehr

Meiner unmaßgeblichen Meinung nach ist „Magical Mystery – Die Rückkehr des Karl Schmidt“ das beste Buch von Element of Crime-Frontmann Sven Regener. Von der Lebensweisheit und Gelassenheit des Karl Schmidt kann man sich ruhig eine Scheibe abschneiden. Wenn alle um ihn herum frei drehen, dann betrachtet Karl „die kleinen Racker“ mit milder Gelassenheit, und seine Maxime „Es nervt, aber es hält auch frisch“ ist schon lange ein geflügeltes Wort in der Indiekino-Redaktion.

Dabei sah es eigentlich nicht gut aus für Karl. In „Herr Lehmann“ ist er der kunstmachende Sidekick von Herrn Lehmann, der inmitten des Berlin-Mauerfall-Wahnsinns einen Nervenzusammenbruch erleidet. In MAGICAL MYSTERY treffen wir ihn in der betreuten Ex-Junkie-WG „Clean Cut 1“ in Hamburg wieder. In die WG-Routine platzt ein Anruf von den alten Berliner Freunden, die inzwischen mit ihrem Techno-Label „Bumm Bumm Records“ groß rausgekommen sind. Sie gehen auf Tournee, und sie brauchen einen, der sie durch Deutschland fährt. Das ist dann auch genau das, was passiert – im Buch ebenso wie im Film. Statt zum zwangsverordneten Therapie-Urlaub in der Lüneburger Heide fährt Karl (Charly Hübner) nach Berlin und dann mit dem Tourbus durch Deutschland. Im Bus fahren mit: Label-Chef Ferdi (Detlev Buck blondiert) und eine gutgelaunte, fröhlich-debil gekleidete, dauerbedröhnte Technotruppe, die sich aufführt wie ein ADHS-Kindergarten auf Ausflug. Karl, der sich von Stress und Drogen eigentlich fernhalten sollte, darf das alles zusammenhalten, und auf den Fersen folgt ihnen Sozialarbeiter Werner (Bjarne Mädel).

Ganz so berührend wie das Buch, in dem Karl die Reise auch als schmale Gradwanderung zum Wahnsinn erlebt, ist der Film nicht geworden, aber man kommt sehr gut gelaunt aus dem Kino. Arne Feldhusen („Stromberg“) verfilmt den Trip durch versiffte Clubs und billige Fluxi-Hotels als fröhliche Nummernrevue mit einem extrem liebenswerten Cast. Besonders toll sind Charly Hübner, der es schafft Karls ausführliche lakonische innere Monologe auf eine angehobene Augenbraue runterzukochen, und Bjarne Mädel als abgekochter Sozialarbeiter. Toll auch Sarah Viktoria Frick als Party-Veteranin Sigi.

Hendrike Bake

Details

Deutschland 2017, 111 min
Genre: Komödie, Literaturverfilmung
Regie: Arne Feldhusen
Drehbuch: Sven Regener
Kamera: Lutz Reitemeier
Schnitt: Benjamin Ikes
Verleih: DCM
Darsteller: Jacob Matschenz, Detlev Buck, Marc Hosemann, Charly Hübner, Bjarne Mädel, Annika Meier
FSK: 12
Kinostart: 31.08.2017

Website
IMDB

Vorführungen

Keine Programmdaten vorhanden.

ALLE ANGABEN OHNE GEWÄHR.
Die Inhalte dieser Webseite dürfen nicht gehandelt oder weitergegeben werden. Jede Vervielfältigung, Veröffentlichung oder andere Nutzung dieser Inhalte ist verboten, soweit die INDIEKINO BERLIN UG (haftungsbeschränkt) nicht ausdrücklich schriftlich ihr Einverständnis erklärt hat.