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Knight of Cups

Keine Frage, Terrence Malick ist einer der bedeutendsten Filmemacher des Arthouse-Kinos. Seine Filme sind in hohem Maße experimentell, und ist es ein Wunder, dass solche Werke wie THE THIN RED LINE, THE NEW WORLD, THE TREE OF LIFE, TO THE WONDER und KNIGHT OF CUPS überhaupt produziert wurden, mit diesen extrem hohen Production Values, diesen exquisiten Besetzungen. Ein noch größeres Wunder ist es, dass Malicks Filme überhaupt im Kino laufen und ein Publikum finden. Wir haben uns also gemeinsam KNIGHT OF CUPS angesehen und versucht, etwas dazu zu sagen.

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Bilder und Sinn
Keine Frage, Terrence Malick ist einer der bedeutendsten Filmemacher des Arthouse-Kinos. Seine Filme sind in hohem Maße experimentell, und ist es ein Wunder, dass solche Werke wie THE THIN RED LINE, THE NEW WORLD, THE TREE OF LIFE, TO THE WONDER und KNIGHT OF CUPS überhaupt produziert wurden, mit diesen extrem hohen Production Values, diesen exquisiten Besetzungen. Ein noch größeres Wunder ist es, dass Malicks Filme überhaupt im Kino laufen und ein Publikum finden. Wir haben uns also gemeinsam KNIGHT OF CUPS angesehen und versucht, etwas dazu zu sagen. Wir sind uns weder sicher noch einig, was Terrence Malicks Film bedeutet, aber wir finden ihn auf jeden Fall interessant genug, um uns an ihm abzuarbeiten. Hier also einige Perspektiven auf den Film.

Sinn Suche
Hypnotische Bilder, schöne Menschen, immer wieder Straßen und immer wieder das Meer. In KNIGHT OF CUPS entwirft Terrence Malick ein glitzerndes Oberflächenpanorama, das von der Schönheit der Welt zu erzählen scheint und damit Sinnhaftigkeit simuliert. Aus dem Off hört man dazu die Stimme des Vaters oder vielmehr die Stimmen der Väter: Ricks Vater spricht seinem verloren umherwandernden Sohn Mut zu und Rick wendet sich seinerseits in Gedanken an seinen kleinen Sohn, der fern vom ihm aufwächst. Es ist ein Zwei-Personen-Chor, ein Klangteppich zum Bilderteppich, aus tiefen Stimmen, die Autorität und Geborgenheit ausstrahlen, die nicht nur Rick warm umhüllen und in all der Verlorenheit einen sicheren Halt zu bieten scheinen. Die zu sagen scheinen: Und ob du schon wanderst im finstern Tal, fürchte kein Unglück; denn ich bin bei dir. Gleichzeitig ist da ein Unbehagen, von dem ich nicht endgültig sagen kann, ob es mein eigenes ist, oder ob es eingeschrieben ist in Malicks Film. Die warmen Worte erscheinen mir wie Autosuggestion, wie ein Verslein, dass Rick sich selbst aufsagt, um nicht gänzlich verloren zu gehen. Die Stimme aus dem Off ist keine Gewissheit, sie formuliert eine Hoffnung: KNIGHT OF CUPS handelt von dieser Hoffnung, dass es irgendwo einen Halt, einen Sinn, einen Vater geben möge, immer wieder beschwört er sie, immer wieder unterläuft er sie aber auch. Da ist dann die Rede von Engelsflügeln und es folgt ein Bild von einem Taucher in einem Aquarium. Schwerelos in einem herrlichen Blau in einem Käfig aus Glas. Oder die Fahrten. Gleitet die Kamera anfangs noch über Ricks Auto hinweg, hin zu einem unbekannten Ziel und erzeugt damit einen Sog, wie in der Anfangssequenz von THE SHINING, begleitet sie ihn später auf dem Beifahrersitz bei seinen ziellosen Fahrten. Noch später steht Rick dann an einer Balustrade und sieht anderen beim Fahren zu: in einem Parkhaus in der Ferne drehen sich die Autos im Kreis. Alle geschäftig, alle auf der Suche, alle ohne die leiseste Aussicht, mehr zu ergattern als bestenfalls einen Parkplatz. - Hendrike Bake

The Road
Das Bild einer Straße, die am Horizont oder in der Dunkelheit verschwindet, während die Kamera auf dem Armaturenbrett, der Motorhaube oder der Stoßstange eines Autos montiert den Rhythmus der Fahrbahnmarkierungen aufzeichnet: das ist das paradigmatische Bild des postmodernen Roadmovies und das letzte in KNIGHT OF CUPS. Von der epischen Reise des Helden, der mit seinem Schicksal eins wird und der romantischen „Quest“ bleibt nur noch die Bewegung übrig, die in einem subjektlosen Kamerabewusstsein manifestiert. TWO LANE BLACKTOP (Monty Hellman, 1971) ist der erste Film, der dieses abgelöste, sinnentleerte und rein selbstbezogene Rasen des Bilds nicht nur zum Bildinhalt, sondern zum Erzählprinzip des Roadmovies machte. In David Lynchs WILD AT HEART ist die Straße noch ein romantisches Medium der Liebe, in LOST HIGHWAY führt sie in eine fatale Kreisbewegung, die immer wieder auf der gleichen Straße endet. KNIGHT OF CUPS beginnt mit einer Fahrt durch einen Tunnel, und immer wieder lässt Malick den Verkehr zum Bild werden, am ausdrucksstärksten in einer Kunstinstallation, in der Mattel Hot Wheels in einer haushohen Achterbahn um die immer gleichen Kurven rasen. Eine Mischung aus Kindertraum und urbanem Alptraum, den Malick ähnlich mit dem libidinösen Phantasma verbindet wie Cronenberg in CRASH den sterilen Sex mit dem urbanen Berufsverkehr in Toronto. Ging es in Malicks BADLANDS (1973), auch einem Roadmovie, schon um Bilder, die sich als Reproduktionen anderer Bilder inszenierten – Martin Sheen als Kit posiert immer wieder in den gleichen Posen wie James Dean in GIANT – löst sich ein anderes Element des Roadmovies immer mehr auf: das Vorzeigen und Erfahren des Landes. KNIGHT OF CUPS führt seinen Protagonisten in die Wüste, aber zum Vorzeigen ist da nichts mehr. Von der Sinnsuche bleibt nichts übrig, als die Immanenz der Bewegung, keine Transzendenz, nirgends. Nur die Straße. – Tom Dorow

Errettung der Wirklichkeit

Terrence Malick rettet einmal mehr die äußere Wirklichkeit - oder vielmehr: er poetisiert sie in einem wahrhaftigen Kinokathedralen-Rausch. Die Grundidee ist freilich schrecklich: Ein weißer, heterosexueller, sichtlich wohlhabender, also durch und durch privilegierter Mann ödet sich auf der Suche nach Wahrheit und Schönheit - sprich: die eine große, wahre Liebe, denn solche Schmachter wollen immer von einer Frau erlöst werden - durch die globale Wohlstandswelt. Wer KNIGHT OF CUPS aber allein auf diesen Plot reduziert, erstellt vielleicht ein Drehbuchgutachten, hat aber vom Film nichts gesehen. Denn wie Malicks Kamera kopfüber in diese Welt eintaucht, noch im banalsten und profansten eine - ja, natürlich, Kinokathedrale - sakrale Sinnlichkeit findet, die sich von so etwas Schnödem wie Plot oder männlicher Melancholie gar nicht erst bändigen lässt, das ist schon äußerst sagenhaft - und wahres, wirkliches Kino, das noch im Alltag Bilder sucht und findet, wie man sie vorher nicht gesehen hat. Klänge das Wort “Gedicht” im Kino nicht so schrecklich abgehangen und furchtbar kulinarisch, man würde fast sagen wollen: Unter anderem deshalb haben wir Menschen Gedichte erfunden - um einander die Schönheit dieser Welt zu vermitteln.
Diese Befreiung des Blicks auf die äußere Welt von seiner wirtschaftlich überformten Alltagsfunktionalität ist nicht zuletzt politisch: Malick führt uns die Feier des Daseins und des Lebens vor, die wir unter Stress und Hektik keines Blickes würdigen. Schon deshalb unterwandert das den Plot des Films und macht sie die Figur eben nicht zu eigen: Mach doch einfach mal die Augen auf, ruft dieser Film dem Suchenden zu, und erkenne, was Dich umgibt. – Thomas Groh

Die Girls und das Meer
Schon in Malicks TO THE WONDER konnten einen die Bilder von tänzelnden Frauen zur Verzweiflung bringen. Ist das wirklich alles, was sich von einem Liebesglück abbilden lässt? Meint Malick das wirklich ernst? In KNIGHT OF CUPS zeigt Malick noch mehr dieser bizarren Inszenierungen, mit noch mehr schönen Frauen (Cate Blanchett, Natalie Portman, Imogen Poots) die Kringel in den Strand malen, tänzeln, lächelnd herumtollen, den Wind im Haar. Christian Bale im Designeranzug daneben, den er immer wieder achtlos dem Meerwasser aussetzt. Die Bilder sind Inszenierungen von Vorbildern aus Reiseprospekten und Bierwerbung, Klischees eines Glücks, das sich in ihnen nicht finden lässt. Reine Oberfläche, die zum Leben erstarrt ist. KNIGHT OF CUPS ist auch eine Kritik dieser Bilder, die so elegant und eindeutig wirken. Das Eindeutige ist aber nie das Lebendige. KNIGHT OF CUPS wirkt gelegentlich wie eine Suche nach dem verschmutzten Bild, nach einer Oberfläche, die weniger glatt und eindeutig ist. Vielleicht endet der Film auch deshalb in der Wüste, in Schotter und Geröll. – Tom Dorow

Thomas Groh, Hendrike Bake, Tom Dorow

Details

USA 2015, 118 min
Genre: Drama, Liebesfilm
Regie: Terrence Malick
Drehbuch: Terrence Malick
Kamera: Emmanuel Lubezki
Schnitt: Mark Yoshikawa, Geoffrey Richman, A.J. Edwards, Keith Fraase
Musik: Hanan Townsend
Verleih: StudioCanal
Darsteller: Cate Blanchett, Christian Bale, Natalie Portman, Antonio Banderas, Imogen Poots
FSK: 6
Kinostart: 10.09.2015

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