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Kalle Kosmonaut

Aufwachsen in Marzahn-Hellersdorf

Der persönliche und sozialkritische Langzeit-Dokumentarfilm KALLE KOSMONAUT über eine Jugend in Ost-Berlin in den 2010er Jahren begleitet den Jungen Pascal, genannt Kalle, über den Verlauf von zehn Jahren.

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Tief im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf liegt die Allee der Kosmonauten. Hier wächst Pascal, den alle nur Kalle nennen, bei seiner Mutter und deren Freund auf. Für den persönlichen und sozialkritischen Langzeit-Dokumentarfilm KALLE KOSMONAUT über eine Jugend in Ost-Berlin in den 2010ern begleiten Tine Kugler und Günther Kurth Kalle zehn Jahre lang.
Kalle steht vor einem Plattenbau. „Ich hab Angst, wie's mit mir weitergeht“, sagt der 16-Jährige. Unter Drogeneinfluss hat er einen Mann verletzt. Mit 10 Jahren ist Kalle allein zuhause. Seine Mutter hat ihm einen Zettel mit Anweisungen dagelassen: „Kein Blödsinn.“ Kalle spielt Fußball, Kalle hält Händchen, Kalle rappt. Die Kamera ist dabei. Dann der Einschnitt: Kalle muss eine Gefängnisstrafe von zwei Jahren und drei Monaten absitzen. Düstere Animationen von Alireza Darvish zeigen Kalle im Knast, aus dem er dem Filmteam nur Briefe schreiben kann. Ein riesiger Rabe symbolisiert das Unheil, das über Kalles jungem Leben kreist.
Auf der mit Respekt und Empathie gefilmten Reise durch eine schwierige Berliner Jugend werten Kugler und Kurth nicht, treten Kalle und seiner Familie nie zu nahe und lassen Raum für eigene Erklärungsversuche: Wie ist es, in Marzahn-Hellersdorf aufzuwachsen? Mittlerweile trocken, schildert Kalles Oma, wie ihr Partner und sie vor Kalle tranken. Kalles Opa sehnt sich nach der „guten“ DDR-Zeit. Kalles Mutter Kerstin musste viel arbeiten und fragt sich, ob sie zu wenig Zeit für Kalle hatte. Seinen Vater hat Kalle seit Jahren nicht gesehen. Hätten sich Kalles Straftaten verhindern lassen? Eigentlich sei Kalle ein lieber Kerl, sagt die Kiezpolizistin. Kalle selbst ist fest entschlossen, nie wieder in einer Zelle zu landen. Ob er es schafft, weiß der reflektierte junge Mann nicht: „Was ist ein gutes Leben? Ich hab keine Ahnung davon! Aber die Luft will ich auch mal riechen.“

Stefanie Borowsky

Details

Deutschland 2022, 99 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Tine Kugler, Günther Kurth
Drehbuch: Tine Kugler, Günther Kurth
Kamera: Günther Kurth
Schnitt: Tine Kugler, Günther Kurth
Musik: Philip Bradatsch
Verleih: mindjazz Pictures
Kinostart: 26.01.2023

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