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Julie – Eine Frau gibt nicht auf

Pausenloses Krisenmanagement

Vom ersten Weckerklingeln am frühen Morgen, mit dem der Film beginnt, bis spät in die Nacht, wenn die Kinder im Bett sind, ist Julies Leben pausenloses, unbarmherziges Krisenmanagement.

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In JULIE brennt keine Zündschnur, aber an Spannung kann es der Film von Eric Gravel mit jedem Mainstream-Action-Vehikel locker aufnehmen. Die tickende Bombe in Julies Leben ist eine explosive Anhäufung ganz normaler Lebensumstände. Die alleinerziehende Mutter wohnt mit ihren beiden Kindern außerhalb von Paris und pendelt jeden Tag in die Hauptstadt, um in einem Luxushotel zu arbeiten. Die Kinder sind derweil bei einer Nachbarin untergebracht, die angekündigt hat, dass ihr das Babysitting zu viel wird. Das Geld ist knapp, denn der Ex zahlt den Unterhalt nicht, und Julies Job steht auf der Kippe. In Paris streiken die Verkehrsbetriebe. Vom ersten Weckerklingeln am frühen Morgen, mit dem der Film beginnt, bis spät in die Nacht, wenn die Kinder im Bett sind, ist Julies Leben pausenloses, unbarmherziges Krisenmanagement. Sie zieht die Kinder an, bringt sie noch vor dem ersten Tageslicht zur Nachbarin, ein Schnürsenkel ist verknotet und kostet wertvolle Minuten. Sie sprintet zur Bahn. Die fährt nicht. Schienenersatzverkehr. Auf Arbeit geht die Hektik weiter. Ein Gast kommt zu früh, ein anderer hat das Bad verwüstet, sie soll eine Neue einarbeiten und tauscht heimlich Schichten, um sich bei einem neuen Job bewerben zu können. Die Kamera bleibt immer dicht bei Julie, während sie zum minimalistisch treibenden Score durch den Tag hetzt und verzweifelt viel Zeit mit Warten auf den öffentlichen Nahverkehr verbringt. Die wenigen ruhigen Momente, wenn Julie etwa dicht am Gleis einem einfahrenden Zug entgegensieht oder an der Kasse wartet, dass die Kartenzahlung durchgeht, scheinen weniger Ruhepunkte als Vorboten eines möglichen Kollapses. Auf Laure Calamys Gesicht wechseln sich mühsame Beherrschung, offene Verzweiflung und Erschöpfung wie unruhige Wetterlagen ab. Es gibt keinen Plan B.

Hendrike Bake

Details

Originaltitel: Á plein temps
Frankreich 2021, 88 min
Genre: Drama
Regie: Eric Gravel
Drehbuch: Eric Gravel
Kamera: Victor Seguin
Schnitt: Mathilde Van de Moortel
Musik: Irène Drésel
Verleih: Fugu Filmverleih
Darsteller: Laure Calamy, Anne Suarez, Geneviève Mnich, Cyril Gueï
Kinostart: 07.03.2024

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