Magazin für unabhängiges Kino
Filmwecker
Filmnotiz

Neue Notiz

In der Nacht des 12.

Polizeifilm

Die Sicherheit vermittelnde Form des Krimis, an dessen Ende mit der Aufklärung der Tat die Ordnung wieder hergestellt ist, wird ausdrücklich von Molls ungewöhnlichem Polizeifilm zurückgewiesen.

Mehr

Schon zu Beginn von Dominik Molls Film IN DER NACHT DES 12. erklärt eine Texttafel, dass es um einen unaufgeklärten Mord auf der Basis eines wirklichen Falls gehen wird. Die Sicherheit vermittelnde Form des Krimis, an dessen Ende mit der Aufklärung der Tat die Ordnung wieder hergestellt ist, wird ausdrücklich von Molls ungewöhnlichem Polizeifilm zurückgewiesen.

Eine junge Frau, Clara, ist auf dem Heimweg von einer Freundin von einem Unbekannten mit Benzin übergossen und lebendig verbrannt worden. Der brutale Mord schockiert auch die Polizisten Yohan (Bastian Bouillon) und Marceau (Bouli Lanners). Sie verdächtigen Claras Sex-Bekanntschaften, von denen es mehr gibt, als Claras beste Freundin zunächst verrät. Nanie macht sich dadurch selbst verdächtig, aber sie fürchtet vor allem eine Vorverurteilung ihrer Freundin. Alle Beziehungen von Männern zu Clara sind von Gewalt kontaminiert, auch die der Polizisten. Im Revier reagiert die zunächst ausschließlich männliche Belegschaft zwar schockiert auf die Bilder der verbrannten Toten, ein Witz über ein Missgeschick bei der letzten Grillparty löst das Entsetzen aber schnell wieder auf. Der jüngste Freund von Clara beginnt im Verhör zu kichern, als er Details erfährt, ein Verdächtiger war wegen Gewalt gegen Frauen im Gefängnis, wieder ein anderer stalkte Clara. Aber der Mord selbst lässt sich keinem der Männer nachweisen.

Die fehlende Auflösung trotz jahrelanger, sorgfältiger Polizeiarbeit führt dazu, dass sich etwas anderes enthüllt: die latente Drohung männlicher Gewalt, die ständiger Bestandteil des Geschlechterverhältnisses ist. Sie wird zu einem Grundton des Films, der so eine fundamentale Verunsicherung erzeugt. In Molls Filmen gibt es oft ein dunkles Element, das eine permanente Bedrohung anzeigt oder ein Unglück ankündigt. In diesem kühlen, rationalen Polizeifilm ist dies nicht ein düsteres Omen wie in LEMMING oder eine exzessive Leidenschaft wie in DIE VERSCHWUNDENE, sondern die andauernde Ungewissheit und das alltägliche Potential zur Gewalt von Männern im Umgang mit Frauen, aber auch in ihren Gesprächen untereinander.

Tom Dorow

Details

Originaltitel: La nuit du 12
Belgien/Frankreich 2022, 114 min
Genre: Krimi, Drama
Regie: Dominik Moll
Drehbuch: Dominik Moll, Gilles Marchand
Kamera: Patrick Ghiringhelli
Schnitt: Laurent Rouan
Musik: Olivier Marguerit
Verleih: Neue Visionen Filmverleih
Darsteller: Bastien Bouillon, Bouli Lanners, Anouk Grinberg, Sylvain Baumann
FSK: 16
Kinostart: 12.01.2023

Interview
Website
IMDB

Vorführungen

Keine Programmdaten vorhanden.

ALLE ANGABEN OHNE GEWÄHR.
Die Inhalte dieser Webseite dürfen nicht gehandelt oder weitergegeben werden. Jede Vervielfältigung, Veröffentlichung oder andere Nutzung dieser Inhalte ist verboten, soweit die INDIEKINO BERLIN UG (haftungsbeschränkt) nicht ausdrücklich schriftlich ihr Einverständnis erklärt hat.