Neue Notiz
Hinterland
Expressionismus digital
Der ehemalige Kriminalpolizist Perg kehrt 1920 mit seiner Truppe nach verlorenem Krieg aus der Gefangenschaft zurück nach Wien. Durch eine brutale Mordserie an Bekannten aus der Kriegszeit wird Perg von der Vergangenheit eingeholt. Digital eingefügte Hintergründe von schräg ineinander stürzende Stadtlandschaften zitieren den Expressionismus.
1920 war ein wichtiges Jahr für den Expressionismus. Nach dem Ersten Weltkrieg, kurz nach Gründung der ersten Republiken in Deutschland und Österreich explodierte diese Stilrichtung förmlich. In allen Kunstgattungen drängten subjektive Wahrnehmung und die oft schräg-verzerrte Darstellung der radikal veränderten Wirklichkeit in den Vordergrund. Mit DAS KABINETT DES DR. CALIGARI wurde der expressionistische Film schlechthin gedreht. In diesem historischen Moment spielt HINTERLAND. Der Film nimmt ästhetisch den expressionistischen Stil auf und erzählt aus der Perspektive der Geschichtsverlierer. Der ehemalige Kriminalpolizist Perg (Murathan Muslu) kehrt mit seiner Truppe nach verlorenem Krieg aus der Gefangenschaft zurück in ein Wien, das aus den Fugen ist. Der Kaiser und das alte Wertsystem sind verschwunden, die neue Welt ist den kriegstraumatisierten Männern ein Rätsel. Durch eine brutale Mordserie an Bekannten aus der Kriegszeit wird Perg von der Vergangenheit eingeholt und muss ermitteln, um sich zu schützen.
Regisseur Stefan Ruzowitzky versucht, den Expressionismus mit heutigen Mitteln wieder aufleben zu lassen. Der Film wurde vor einem Bluescreen gedreht, die Hintergründe digital eingefügt - schräg ineinander stürzende Stadtlandschaften, verzerrte Perspektiven, manche Bilder wirken gemalt wie altertümliche Theaterkulissen. Die Referenz an CALIGARI ist deutlich, und der Effekt funktioniert: Man taucht ein in die verstörte, depressive Wahrnehmung der vom Lauf der Geschichte überrollten Ex-Soldaten. Dabei bleibt es, mit diesem Weltbild passiert genau so wenig Auseinandersetzung wie mit Pergs Verklärung der Soldatenehre. Auch die reißerisch inszenierte Brutalität hat einen unangenehmen Beigeschmack. Ein kritischerer Umgang mit den Bildern fehlt.
Österreich/Luxemburg 2021, 99 min
Genre: Drama, Krimi
Regie: Stefan Ruzowitzky
Drehbuch: Robert Buchschwenter, Hanno Pinter, Stefan Ruzowitzky
Kamera: Benedict Neuenfels
Schnitt: Oliver Neumann
Verleih: Square One
Darsteller: Murathan Muslu, Liv Lisa Fries, Max von der Groeben, Marc Limpach, Margarethe Tiesel, Aaron Friesz, Stipe Erceg, Matthias Schweighöfer
FSK: 16
Kinostart: 07.10.2021
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