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Für immer

Zarte Melancholie

Zwei Menschen, ein Leben. Und eine Liebe. Wenn man sich so lange kennt wie Eva und Dieter Simon, weiß man genau, wie der andere tickt, was man sagen und machen kann - und was nicht. Dokumentarfilm.

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Zwei Menschen, ein Leben. Und eine Liebe. Wenn man sich so lange kennt wie Eva und Dieter Simon, weiß man genau, wie der andere tickt, was man sagen und machen kann - und was nicht. Seit 69 Jahren sind die beiden ein Paar. Am 5. Dezember 1953 fing alles an: „Ach, es könnte so wunderschön werden“, schrieb Eva damals voller Verliebtsein in ihr Tagebuch. „Die Feuerprobe wird das tägliche und nächtliche Beisammensein in der Ehe“, heißt es an einer anderen Stelle, und man ahnt, dass es zwischen ihnen auch mal holprig zugehen wird. Nina Hoss liest diese Eintragungen aus dem Off, während Eva in ihren alten Aufzeichnungen stöbert. Ihre ruhige, raue Stimme ist genau richtig dafür.

Jetzt wollen Eva und Dieter in Würde altern, gemeinsam. Aber Eva kann nicht mehr so gut. Die Treppen im Haus kommt sie nur noch mit Mühe hoch, oft wird ihr die Luft knapp. Die Medikamente, die ihr helfen sollen, nimmt sie nicht. Es ist nicht leicht für eine Frau wie sie, die trotz einer weitestgehend glücklichen Ehe vieles im Leben allein gestemmt hat. Als junger Mann war Dieter auf Job und Karriere konzentriert, dann wurde das gemeinsame Haus im Wald sein „Projekt“. Richtig fertig ist er damit bis heute nicht.

Viel reden war auch noch nie sein Ding. Aber er kümmert sich jetzt liebevoll um seine Frau, das rechnet sie ihm hoch an. Eva ist da ganz anders, sie sagt, was sie denkt. Sie ist die Intellektuelle, die viel liest, schreibt und reflektiert. Einmal trägt sie „An die Sonne“ von Ingeborg Bachmann vor, bis das Gedicht sie zu Tränen rührt.

Man könnte den beiden stundenlang durch ihren Alltag folgen, das hat auch die Dokumentarfilmerin Pia Lenz erkannt. Sie begleitet das Paar mit ihrer Kamera durch die letzten gemeinsamen Monate, blickt zurück auf die Zeit seit dem ersten Kennenlernen, spart auch Ehekrisen und private Schicksalsschläge nicht aus. Die Bilder, die sie dafür findet, sind angereichert mit Fotos und Briefen. Immer wieder liest Eva aus ihrem Tagebuch. In ihren Zeilen und dem flüchtigen Miteinander der eingespielten Eheleute findet der Film seine schönsten Momente und eine ganz eigene, zarte Melancholie.

Pamela Jahn

Details

Deutschland 2023, 87 min
Sprache: Deutsch
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Pia-Luisa Lenz
Drehbuch: Pia-Luisa Lenz
Kamera: Pia-Luisa Lenz, Henning Wirtz
Schnitt: Ulrike Tortora
Musik: Stella Sommer, Alexis Taylor
Verleih: Weltkino
FSK: 6
Kinostart: 09.11.2023

Website
IMDB

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