Magazin für unabhängiges Kino
Filmwecker
Filmnotiz

Neue Notiz

Es gilt das gesprochene Wort

Sinnsuche in der Zweckehe

Bei einer Reise in die Türkei trifft Marion am Strand den jungen Baran und kommt seiner eindringlichen Bitte nach einer Scheinehe nach. Sie hat nur eine Bedingung - dass „sein Scheiß niemals ihr Scheiß“ wird.

Mehr

Bei Marion (Anne Ratte-Polle), einer erfolgreichen und schroffen Pilotin, wird Brustkrebs diagnostiziert. Sie darf nicht mehr ins Cockpit. Bei einer Ablenkungsreise in die Türkei mit ihrem Liebhaber (Godehard Giese) trifft sie am Strand Baran (Ogulcan Arman Uslu). Der junge Mann verdient sein Geld als Kellner, Gigolo und Taschendieb, und beeindruckt Marion mit seiner vehementen Bitte, ihn nach Deutschland mitzunehmen. Drei Jahre Ehe braucht er für die Einbürgerung. Sie lässt sich auf den Deal ein, besorgt ihm eine Wohnung und einen Job. Auf einem Hamburger Standesamt geben sie sich ohne große Gefühle das Ja-Wort. Was Marion von dem Deal hat, weiß sie selber nicht, und alles, was sie von Baran verlangt, ist, dass „sein Scheiß niemals ihr Scheiß wird“. Dann konzentriert sie sich wieder darauf, flugtauglich zu werden, während Baran gefundene Fahrräder auf dem Flohmarkt verkauft, Deutsch und Autofahren lernt. Es fällt ihm schwer, das Land zu verstehen, das ihn entweder als kriminellen Ausländer oder als Marions Toyboy sieht, ohne zu fragen, als was er sich selbst sieht. Statt um Sextourismus und Migration geht es im Film von Ilker Çatak (ES WAR EINMAL INDIANERLAND) um Sinnsuche und Geschlechterrollen. Auch bei seinem Job als ausgestellt maskuliner, aber letztlich Frauen bedienender Bar-Gigolo wird Baran in Hamburg ständig vor Augen geführt, wie abhängig er von Marion ist. Für sie ist die eigene Ungebundenheit essentiell, aber gleichzeitig ist sie auf der Suche nach etwas, was sie definiert, ohne sie einzuengen. Beide hüten Geheimnisse und umkreisen sich gegenseitig, finden wieder und wieder zusammen, ohne in Worte fassen zu können, was sie verbindet. Auf dem Filmfest München erhielten Nils Mohl und Ilker Çatak für ES GILT DAS GESPROCHENE WORT den Drehbuch Förderpreis und Oğulcan Arman Uslu wurde als bester Nachwuchsdarsteller ausgezeichnet.

Bernhard Lommel

Details

Originaltitel: Bezness
Deutschland 2019, 120 min
Sprache: Deutsch, Türkisch, Englisch
Genre: Drama, Liebesgeschichte
Regie: Ilker Çatak
Drehbuch: Nils Mohl, Ilker Çatak
Kamera: Florian Mag
Schnitt: Jan Ruschke, Sascha Gerlach
Musik: Marvin Müller
Verleih: X Verleih
Darsteller: Anne Ratte-Polle, Ogulcan Arman Uslu, Godehard Giese, Jörg Schüttauf
FSK: 12
Kinostart: 01.08.2019

Website
IMDB

Vorführungen

Keine Programmdaten vorhanden.

ALLE ANGABEN OHNE GEWÄHR.
Die Inhalte dieser Webseite dürfen nicht gehandelt oder weitergegeben werden. Jede Vervielfältigung, Veröffentlichung oder andere Nutzung dieser Inhalte ist verboten, soweit die INDIEKINO BERLIN UG (haftungsbeschränkt) nicht ausdrücklich schriftlich ihr Einverständnis erklärt hat.