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Elvis

Düsterer Rausch

Elvis Musical, erzählt, sterbend und aus dem Jenseits, von einem der größten Schurken des Showgeschäfts: „Colonel“ Tom Parker, Manager und Blutsauger von Elvis Presley.

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Baz Luhrmanns Filme haben genau zwei Modi: Rauschhafte Halluzination und Verhängnis. Das war in ROMEO UND JULIA so, noch deutlicher aber in MOULIN ROUGE, seinem immer noch besten Film, der das Hollywood-Musical neu erfand, in THE GREAT GATSBY und nun auch in ELVIS. Dass es um den Untergang geht, ist von der ersten Sekunde an klar. Den Film erzählt, sterbend und aus dem Jenseits, einer der größten Schurken des Showgeschäfts: „Colonel“ Tom Parker, Manager und Blutsauger von Elvis Presley, der jahrzehntelang Live-Auftritte des Musikers verhinderte, ihn in die Armee schickte, banale B-Musicals drehen ließ, in Knebelverträge mit Las-Vegas-Hotels zwang und zum Welt-Idol machte, aber auch finanziell ausbeutete und seine Kreativität erwürgte.

Parkers Tod ist die Rahmenhandlung, der ganze Films ist Parkers Halluzination und Apologie. Zu Beginn ist alles Tingeltangel, Karneval. Alles dreht sich und blinkt, wie in Luhrmanns Filmen üblich. Dem Chaos entsteigen der Teufel Parker (Tom Hanks) und der jugendliche Gott Elvis, den Ex-Kinderstar Austin Butler, ohne je wirklich eine Chance zu bekommen, im Rahmen von Luhrmanns Konzept so gut wie möglich und mit viel Charisma spielt. Aber Elvis‘ Musik und Bühnenpräsenz spielen hier nur eine Nebenrolle. Die Perspektive ist die eines gierigen Hochstaplers, Betrügers und puritanischen Kleingeists – also die Perspektive des dominanten, rassistischen Christo-Faschismus, die Elvis‘ Erscheinen auf der Popszene für einen Moment 1958 aufbrechen konnte, bevor Parker und und das System wieder zuschlagen konnten. Elvis‘ zweite Chance - nach dem gegen Parkers Willen gedrehten „68 Comeback Special“, als Presley mit jüngeren Produzenten eine überragende TV-Show auf der Höhe des Zeitgeistes drehte, und in den Stax-Studios mit Soulmusikern einen neuen Sound kreierte, der ihm noch 2003 mit „A little less Conversation“ einen letzten posthumen Hit bescherte - weiß Parkers Management gründlich zunichte zu machen.

Als Film über die Vernichtung von Elvis Presley ist Luhrmanns Film gelungen. Luhrmann ist kein großer Erzähler, sondern selbst ein Showman, der effektiv düstere Räusche produzieren kann. Was den Film nicht unternimmt, ist ein Eindruck von Elvis‘ Energie, Witz und Kreativität, eine Idee davon, was hätte sein können. Elvis bleibt in diesem Film ein Opfer, ein Symbol für das Erwürgen von Kreativität, für die Verhinderung eines Aufbruchs, für die Vernichtung des kulturellen Widerstands gegen das böse, alte Amerika.

Tom Dorow

Details

USA 2022
Genre: Drama, Biografie
Regie: Baz Luhrmann
Drehbuch: Sam Bromell, Baz Luhrmann, Craig Pearce
Kamera: Mandy Walker
Verleih: Warner Bros.
Darsteller: Austin Butler, Tom Hanks, Luke Bracey, Kodi Smit-McPhee, Olivia DeJonge, David Wenham, Richard Roxburgh
FSK: 6
Kinostart: 23.06.2022

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