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Ellbogen

Hazal ist siebzehn und Berlinerin. Ihr sehnlichster Wunsch: Eine Chance im Leben. Einen Schritt weiterzukommen als ihre Eltern. Trotz Hunderter von Bewerbungen bekommt sie kein einziges Vorstellungsgespräch. Stattdessen steckt sie im Limbo eines endlosen Trainingsprogramms des Arbeitsamtes fest, wo sie nur auf noch mehr Vorurteile stößt. An ihrem 18. Geburtstag will sie mit ihren drei besten Freundinnen feiern und ihren Alltag und ihre ständigen Kämpfe vergessen. Doch die Dinge nehmen eine andere Wendung. Ein tödlicher Zwischenfall. Verängstigt flieht Hazal nach Istanbul, eine brandneue Stadt in einem ihr unbekannten Land. Dort muss sie allein überleben, koste es, was es wolle.

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(Festivalkritik)
Hazal wird 18 Jahre alt und will es sich einmal richtig gut gehen lassen, in High Heels, Glitzerkleid und Hoodie - rein ins Berliner Nachtleben und raus aus der deutsch-türkischen Großfamilie. Sie will mit ihren Mädels entspannen, den strengen Fragen entkommen - nach Geld, ihrem Hauptschulabschluss und der Ausbildung, die noch nicht gefunden ist. Leichter gesagt als getan: In der Geburtstagsnacht werden Hazal und ihre Mädels an der Clubtür abgewiesen, weil sie nicht wie Stammpublikum aussehen. Der Frust steigt und ein Ereignis folgt auf das nächste, bis Hazal es einfach nicht mehr aushält. Blinde Wut macht sich breit und mit ihr die Frage danach, was ein junger Mensch mit Potenzialen braucht, um gesellschaftlichen Hürden zu überwinden. Eine junge Frau, die sich gegen blöde Anmachen zur Wehr setzt. Eine junge Frau, die bei leeren Versprechen aus dem Bewerbungsgespräch stürmt. Eine junge Frau, die sich Raum verschafft, wo sie kann - denn davon gibt es nicht viel für sie. Mit ELLBOGEN findet das fulminante Roman-Debüt von Fatma Aydemir seinen Weg auf die große Leinwand. In der Sektion Generation 14+ feierte der Film Premiere und im Publikumsgespräch der letzten Vorstellung wird klar: Bei den jungen Menschen, die hier mutig ihre Fragen stellen, ist ein Nerv getroffen. Zwischen Alltagsrassismus, Gewalt und fehlender Chancengleichheit bleiben aber auch viele Fragen offen. Regisseurin Özarslan Aslı gibt ihr Spielfilmdebüt und setzt Melia Kara als Laiendarstellerin geradezu roh in Szene - ein Opfer will und soll die Figur Hazal nicht sein. Wie viel Sympathie und Verständnis man ihr entgegen bringen kann, bleibt wahrscheinlich die schwerste Frage nach der Vorstellung - und verdient viel Raum.

Anna Hantelmann

Details

Originaltitel: Ellbogen – Elbow
D 2024, 86 min
Genre: Drama, Literaturverfilmung
Regie: Asli Özarslan
Drehbuch: Claudia Schaefer, Asli Özarslan
Verleih: JIP
Darsteller: Melia Kara, Doga Gürer, Jale Arikan

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