Neue Notiz
Dogman
Reste von Sanftmut
Der unterwürfige Hundefriseur und nebenberufliche Kokain-Dealer Marcello wird vom brutalen Schläger Simone terrorisiert. Matteo Garrone erzählt ein Rachedrama mit der Wucht einer Verdi-Oper.
In Matteo Garrones Filmen, vor allem in GOMORRHA (2008) und jetzt DOGMAN, wirken urbane Landschaften wie riesige Schlachtschiffe, die nach einem verlorenen Krieg an sumpfige Küsten gespült wurden. In einer der dunkelsten Ecken dieses Stadt-Schiffes arbeitet der Hundefriseur Marcello (Marcello Fonte), ein kleiner, unterwürfig freundlicher Typ, der nebenbei mit Kokain handelt, um sich Tauchausflüge mit seiner Tochter aus einer geschiedenen Ehe leisten zu können. Sein bester Kunde ist der brutale Simone, ein Kampfhund in Menschengestalt, der auf seiner ultrafetten Aprilia-Rennmaschine durch das Viertel rast wie ein Kokskrümel durch die Blutbahn. Simone ist ein Killertorpedo, und es ist von Anfang an klar, dass er Marcello in einen furchtbaren Untergang reißen wird.
Garrones Filme erzählen von der Gewalt als Störung einer Parallelökonomie, die das gesamte System in den Abgrund zieht. Mit dem Pathos einer Verdi-Oper, der existentiellen Verlorenheit des italienischen Neorealismus und der dramatischen Wucht eines Italo-Westerns wirft DOGMAN einen Mahlstrom an, der Marcellos Welt vernichtet und ihn zu einer furchtbaren Rache ansetzen lassen wird. DOGMAN ist eine perfekt komponierte Tragödie, die aussieht wie ein surrealistischer Alptraum. Selbst zärtliche, fast komische Szenen, wenn etwa Marcello seine Hunde wäscht, kämmt und föhnt und sie mit Kosenamen überschüttet, wirken im kalten Licht und schäbigen Dekor wie existentielle Hilferufe. In Garrones Film ist die Apokalypse keine Science-Fiction-Vision, sondern längst Gegenwart. Sein Held Marcello scheitert auch an dem Versuch, in einer völlig verrohten Welt einen Rest von Sanftmut zu bewahren. Marcello Fonte hat für seine zurückhaltend-verzweifelte Figur in Cannes den Preis als Bester Darsteller erhalten. DOGMAN ist großes italienisches Kino, ein zukünftiger Klassiker.
Italien/Frankreich 2018, 120 min
Genre: Drama
Regie: Matteo Garrone
Drehbuch: Matteo Garrone, Maurizio Braucci, Ugo Chiti, Massimo Gaudioso
Kamera: Nicolai Brüel
Schnitt: Marco Spoletini
Verleih: Alamode Filmverleih
Darsteller: Adamo Dionisi, Edoardo Pesce, Marcello Fonte, Nunzia Schiano
FSK: 16
Kinostart: 18.10.2018
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