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Die Unschuld

Ungeduldige Erwachsene, verträumte Kinder

Saori verdächtigt den Lehrer ihres Sohnes des Mobbings. Hirokazu Kore-eda erzählt diese Geschichte drei Mal, aus wechselnden Perspektiven, und jedes Mal verändert sich dabei die Einschätzung des Geschehenen.

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Ein mehrstöckiges Haus steht in Flammen. Durch die Nacht eilen die Feuerwehrwagen an den Unfallort. Saori und ihr 11-jähriger Sohn Minato sehen dem Brand von ihrem Balkon aus zu. Dann bewegt sich die Erzählung weg vom Feuer, stellt ganz andere, alltäglichere Geschichten ins Zentrum, aber der Film wird immer wieder zu diesem Ereignis zurückkehren, das einen ominösen Schatten auf die Geschichte wirft und eine Ahnung einer – vergangenen, nahenden, gegenwärtigen - Katastrophe verbreitet.
Saori und Minato haben indes ganz andere Sorgen. Seit dem Tod des Vaters legt Minato ein erratisches Verhalten an den Tag. Er schneidet sich die Haare ab, kommt mit nur einem Schuh nach Hause, und eines Nachts verschwindet er ganz. Als Saori ihn auf einem verwilderten Grundstück außerhalb der Stadt wiederfindet, stellt sie ihn zur Rede, und Minato erzählt ihr, dass sein Lehrer, Herr Hori, ihn mobbt und gesagt hat, er hätte ein Schweinehirn im Kopf. Als Saori in der Schule ein Gespräch verlangt, sind die Antworten von Schulleitung und Lehrer empörend ausweichend. Es handele sich um ein Missverständnis, man müsse in Zukunft besser kommunizieren, es tue einem sehr leid. Herr Hori erscheint wie ein windiger, unaufrichtiger Typ. Das passt gut zu den Gerüchten, die über ihn umgehen: Er habe die Hostessen-Bar besucht, die in einem Stock des abgebrannten Gebäudes residierte.
Dann jedoch kehrt Kore-eda zur Brandnacht zurück und erzählt die Geschichte noch einmal, diesmal zentriert er die Erfahrung von Herrn Hori, der im Schullalltag ganz andere Dinge mitbekommt als Saori zu Hause. Auf einmal erscheint Minato nicht mehr ganz so unschuldig, und ein anderer Junge rückt in den Fokus, der kleine, verträumte Yori, der von den Kindern der Klasse gehänselt wird. Wie in Kurosawas RASHOMON durchlebt der Film die Geschichte danach noch ein drittes Mal, diesmal ist die Erlebniswelt der beiden Kinder entscheidend, und wieder verschiebt sich dabei die Perspektive.
Mit jedem Durchlauf wird das Bild, das sich den Zuschauer*innen erschließt, etwas vollständiger, geraten andere Details in den Mittelpunkt und ändert sich die Bewertung von Fakten. Vor allem aber erschließt sich, wieviel Unheil Kurzsichtigkeit und Ungeduld anrichten. Während die Erwachsenen vorschnelle Urteile fällen und kaum jemals richtig zuhören, spielt sich die Welt der Kinder in einem ganz anderen Rhythmus ab, hat ganz andere Fragen, Ängste und Sehnsüchte, die sie bestimmen. DIE UNSCHULD (im Original: MONSTER) zeichnet das Bild einer Gesellschaft, der die Empathie verlorengeht, und hat zugleich selbst so viel davon für seine kleinen Protagonisten.
Die Filmmusik stammt vom im März letzten Jahres verstorbenen Ryuichi Sakamoto, der mit DIE UNSCHULD seine letzte Filmarbeit realisierte.

Hendrike Bake

Details

Originaltitel: Kaibutsu
Japan 2023, 125 min
Sprache: Japanisch
Genre: Drama
Regie: Hirokazu Koreeda
Drehbuch: Yūji Sakamoto
Kamera: Ryûto Kondô
Schnitt: Hirokazu Koreeda
Musik: Ryuichi Sakamoto
Verleih: Plaion Pictures
Darsteller: Sakura Ando, Eita Nagayama, Soya Kurokawa, Yota Hiiragi
FSK: 12
Kinostart: 21.03.2024

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Die Unschuld

(Kaibutsu) | Japan 2023 | Drama | R: Hirokazu Koreeda | FSK: 12

Saori verdächtigt den Lehrer ihres Sohnes des Mobbings. Hirokazu Kore-eda erzählt diese Geschichte drei Mal, aus wechselnden Perspektiven, und jedes Mal verändert sich dabei die Einschätzung des Geschehenen.

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