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Der verlorene Zug

Nachkriegs-Wohngemeinschaft

Im April 1945 verlassen drei Züge mit Geiseln das Konzentrationslager Bergen-Belsen. Mit einem der Transporte strandet die niederländische Jüdin Simone im brandenburgischen Dorf Tröblitz, wo sie eine Wohngemeinschaft mit der russischen Scharfschützin Vera und der deutschen Teenagerin Winnie gründet.

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Kurz vor Kriegsende, im April 1945, verlassen drei Züge das Konzentrationslager Bergen-Belsen. Ihre Insassen, von den Nazis als „Austauschjuden“ bezeichnet, sind Geiseln und sollen als eine Art letzter Trumpf gegen die Alliierten dienen. Einer der Transporte strandet in Brandenburg, die SS-Soldaten flüchten. Die Überlebenden der qualvollen Irrfahrt, bei der 198 Menschen ums Leben kamen, sehen sich nun mit russischen Soldaten und der deutschen Bevölkerung konfrontiert. Der Spielfilm DER VERLORENE ZUG der niederländischen Regisseurin Saskia Diesing beginnt mit dem Öffnen der Zugtüren – Simone (Hanna van Vliet), eine holländische Jüdin, blickt auf grüne Hügel und fragt sich, ob so Freiheit aussieht. Sie ist immer noch in Deutschland, sie hungert und muss für ihren kranken Mann sorgen, doch ist fest entschlossen: Bald werden wir wieder zuhause sein.
Im Dorf Tröblitz, wo die Zuginsass*innen untergebracht werden, gründet sie eine Wohngemeinschaft mit der russischen Scharfschützin Vera (Eugénie Anselin) und der deutschen Teenagerin Winnie (Anna Bachmann), in deren mit Hakenkreuztapeten ausgekleidetem Elternhaus. Wie sich die Dynamik zwischen den drei Frauen entwickelt, wie sie trotz aller Unterschiede Empathie füreinander aufbringen – diese Prämisse ist grundsätzlich spannend, wenn auch etwas konstruiert. Schwierig ist in dieser Konstellation vor allem die Figur Winnie: Wie sollen wir uns zu ihr stellen, wie viel an Mitleid ihr zugestehen? Auch wenn sie aufgrund ihrer Jugend kaum Schuld trägt, ist es doch schwer zu verdauen, dass ausgerechnet die KZ-Überlebende Simone nun einer leidenden Deutschen tröstend zur Seite stehen soll. Interessante Figuren und tolle Schauspielerinnen können nicht darüber hinwegtrösten, dass die Filmemacher*innen sehr um ein versöhnliches Ende bemüht sind.

Eva Szulkowski

Details

Originaltitel: Der verlorene Zug – Lost Transport: Het verloren Transport
Niederlande/Luxemburg/Deutschland 2022, 101 min
Genre: Kriegsfilm, Drama
Regie: Saskia Diesing
Drehbuch: Saskia Diesing
Kamera: Aage Hollander
Musik: Paul Eisenach, Jonas Hofer
Verleih: W-Film
Darsteller: Hanna van Vliet, Anna Bachmann, Eugénie Anselin, Bram Suijker
Kinostart: 27.04.2023

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